Aachener Nachrichten online, 27.10.2000 19:30

Das Zittern um Calhan geht weiter

Verwaltungsgericht entscheidet am Montag

Aachen (an-o). Das Zittern um Hüseyin Calhan geht weiter. Frühestens am Montag wird das Verwaltungsgericht Düsseldorf entscheiden, ob der Kurde am Dienstag Vormittag vom Düsseldorfer Flughafen aus in die Türkei abgeschoben wird.

An der Abschiebung scheint vor allem dem Kreis Wesel nach wie vor viel gelegen zu sein. Trotz allem Bemühen aus Aachen, den 27-Jährigen aus humanitären Gründen in die Kaiserstadt zu bekommen.

Der Kreis Wesel aber konterkariert die Anstrengungen. Wie sonst ist zu verstehen, dass bereits am Donnerstagmorgen ein Platz in der Dienstags-Charter-Maschine gebucht war, obwohl das Reisefähigkeitsgutachten des Paderborner Amtsarztes Dr. Eicker der Kreisverwaltung Wesel erst am Mittag des Tages vorlag, wie Kreispressesprecher Gerhard Patzelt am Freitag bestätigte? Eine weitere Frage: Warum stellte der Kreis Wesel erst am 23. Oktober beim Kreis Paderborn ein Ersuchen um Amtshilfe bei der Untersuchung Calhans, obwohl das Verwaltungsgericht Düsseldorf diese schon am 16. Oktober angeordnet hatte?

Aber auch der Kreis Paderborn muss sich die Frage gefallen lassen, warum denn nun kein Facharzt für Neurologie und Psychiatrie bei der Untersuchung zugezogen wurde, wie vom Gericht verlangt. Gerhard Patzelt bestätigte den "Nachrichten": "Wir haben den Paderbornern alle Unterlagen zugesandt." Jetzt hat der Kreis Wesel beim Verwaltungsgericht Düsseldorf beantragt, das amtsärztliche Gutachten wie ein fachärztliches zu sehen. Unter anderem argumentiert der Kreis Wesel, dass Calhan im Falle seiner Abschiebung im Flugzeug ärztlich betreut werde.

Psychischer Druck

In Aachen fühlen sich viele von der neuen Entwicklung wie vor den Kopf gestoßen. Der evangelische Superintendent Hans-Peter Bruckhoff, am Freitag noch zu Besuch in Büren: "Wie kann ein Mensch, der einem solchen psychischen Druck ausgesetzt ist, der physisch am Ende ist, reisefähig geschrieben werden? Die Rechtslage ist nicht entscheidend, entscheidend ist, dass dieser Mensch von Folter und Tod bedroht ist."

Regionaldekan Hans-Georg Schornstein sagt: "So kann man auch von Amts wegen Ausländerhass schüren. So ganz nach dem Motto: Ich habe schon immer gemeint, die Kurden müssen raus - endlich greift eine Behörde mal ein'".

Georg Dünnwald