Die Welt, 25.10.2000

USA riegeln Stützpunkte am Golf ab

Medien berichten über Drohungen aus dem Umfeld Osama bin Ladens

Washington/Istanbul/Dubai - Zwölf Tage nach dem Anschlag auf den US-Zerstörer "USS Cole" im Jemen sind die US-Truppen in der Türkei, in Bahrain und Katar in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden. Grund dafür sind Terrordrohungen offenbar aus dem Umfeld des mutmaßlichen Terroristenchefs Osama bin Laden.

Mit der Alarmierung reagiere das US-Verteidigungsministerium auf "sehr ernst zu nehmende Berichte" über mögliche terroristische Anschläge auf Amerikaner und amerikanische Einrichtungen in der Region, berichtete der Nachrichtensender CNN. Sollten sich die Berichte bestätigen, schließe das Pentagon einen vorbeugenden Schlag gegen bin Laden nicht aus. Die Optionen sollten bei einem Treffen im Weißen Haus am Dienstag diskutiert werden.

Unterdessen wurden mehrere Verdächtige der ägyptischen Gruppe Dschihad festgenommen. Sie sollen Kontakt mit bin Laden haben. Der saudische Millionär war Ende voriger Woche von dem aus Ägypten stammenden ehemaligen US-Feldwebel Ali Mohammed erstmals direkt mit den Attentaten auf die Botschaften in Nairobi und Daressalam in Verbindung gebracht worden. Mohammed bekannte sich schuldig, die Ziele für bin Laden ausgekundschaftet zu haben.

Der Fernsehsender ABC nannte die Berichte über einen drohenden Terrorschlag ebenfalls sehr real. Als besonders gefährdet gelte der Luftwaffenstützpunkt Incirlik im Süden der Türkei, von dem aus die nördliche Flugverbotszone im Irak kontrolliert wird. Dort tun etwa 1900 US-Soldaten Dienst. Nach türkischen Medienberichten wurden die Sicherheitsmaßnahmen am Stützpunkt verschärft. Den Berichten zufolge ist die Kontrolle an der Ein- und Ausfahrt der Basis verstärkt worden. US-Soldaten dürften die Basis nur noch für dienstliche Aufgaben, nicht aber beispielsweise zum Einkaufen verlassen.

In den Golf-Emiraten Bahrain und in Katar seien die internationalen Schulen geschlossen worden, da sie ebenfalls als mögliche Ziele von Anschlägen gelten, berichtete ABC. In den Schulen werden auch die Kinder amerikanischer Soldaten unterrichtet.

Vom Golf aus überwachen amerikanische Schiffe auch die Flugverbotszone im Süden des Iraks. In Bahrain befindet sich das Hauptquartier der 5. US-Flotte, zu der ein Flugzeugträgerverband, Versorgungsschiffe und ein Minensuchverband gehören.

Wie aus der jüngsten Aufstellung des Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS) in London hervorgeht, hat die US- Kriegsmarine in Bahrain 680 Mann stationiert. Ein Sprecher der 5. Flotte lehnte eine Auskunft über die genaue Zahl "als Vorsichtsmaßnahme nach der Attacke auf die USS Cole" ab. dpa/rtr/AP