Süddeutsche Zeitung, 24.10.2000

SPD gegen Eiltempo bei Ausländergesetz

Von Wulf Reimer

1. Die Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Ute Vogt (SPD), ist für ein Zuwanderungsgesetz. Die Antwort kommt ohne Zögern. "Wir brauchen ein Gesetz", sagt sie. Offen ist für die 36-jährige Sozialdemokratin lediglich der Zeitpunkt. In jedem Fall sei es wichtiger, ein gutes Gesetz hinzukriegen, als das Verfahren im Eiltempo durchzuziehen. Mit Blick auf die parallelen Landtagswahlkämpfe in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg - wo im März 2001 gewählt wird - rät die Stuttgarter Spitzenkandidatin eher von raschen Beschlüssen ab. Es sei sonst zu befürchten, dass die Klärung rechtlicher Details erschwert werde durch eine Emotionalisierung der politischen Stimmung.

2. Ute Vogt plädiert dafür, den Umfang der Zuwanderung durch jährlich festzulegende Obergrenzen zu beschränken; entscheidendes Kriterium müsse das Angebot an verfügbaren Arbeitsplätzen sein.

3. Sie hält eine klare Trennung zwischen Einwanderern und Asylbewerbern für nötig. Im Falle der gesetzlich geregelten Einwanderung stünden Bedürfnisse des hiesigen Arbeitsmarkts im Vordergrund. Asylbewerber hingegen würden aus humanitären Gründen aufgenommen - und zum Teil ja auch nur geduldet mit zeitlicher Befristung.

4. Insofern stimmt die Pforzheimer Abgeordnete dem Vorschlag ihres schwäbischen Landsmannes Rezzo Schlauch zu, die Gesamtheit der Zuwanderer in drei Gruppen aufzugliedern: Asylsuchende, Flüchtlinge aus Bürgerkriegsregionen und Katastrophengebieten sowie wirtschaftlich erwünschte "Greencard-Leute". Über diese drei Gruppierungen sollte Vogt zufolge "ganz unterschiedlich" diskutiert werden; andernfalls drohe bei einer permanenten Vermischung die Gefahr, dass "Menschen gegeneinander ausgespielt werden".

5. Trotz ihres Plädoyers für ein emotionsfreies, von Wahlkampfstimmungen unbelastetes Gesetzgebungsverfahren möchte die Sozialdemokratin parlamentarisch nicht in Untätigkeit verharren bis zu einer einvernehmlichen Lösung der Zuwanderer-Problematik durch die Europäische Union. "Ein gemeinsames EU-Vorgehen ist zwar nötig", sagt Ute Vogt, "aber ich finde, wir haben jetzt in Deutschland keine Zeit mehr, mit einem Gesetz zu warten, bis das europaweit geregelt wird." Dieser Abstimmungsprozess werde gewiss noch länger dauern. Darum sei sie dafür, hierzulande in Ruhe damit zu beginnen, zunächst im nationalen Rahmen ein Zuwanderungsgesetz zu erarbeiten. Auf europäischer Ebene, hält sieKritikern entgegen, "können wir uns dann ja noch immer abstimmen".