yahoo.com, 23. Oktober 2000, 07:21 Uhr

Diskussion über Zuwanderung beherrscht Sitzung der Parteigremien

Berlin (dpa) - Die vom Chef der Unions-Fraktion im Bundestag, Friedrich Merz, ausgelöste Debatte um die Zuwanderung als Wahlkampfthema wird am Montag in Berlin die Sitzungen der Partei- Gremien beherrschen.

In der CDU-Bundesgeschäftsstelle tritt am Vormittag das Präsidium der Christdemokraten zusammen. Auch das SPD-Präsidium und der Grünen- Parteirat werden zu dem Streit Stellung nehmen.

Unterdessen wächst in den Unionsparteien die Zustimmung, im Bundestagswahlkampf 2002 die Zuwanderung von Ausländern nach Deutschland zum Thema zu machen, wenn zuvor keine politische Lösung gefunden wird. Zugleich warnte CDU-Chefin Angela Merkel die Union am Sonntag vor einer Personaldiskussion und forderte volle Konzentration auf Sachpolitik.

Nach der heftigen Kritik von allen Seiten erhielt CDU/CSU- Fraktions-Chef Merz Rückendeckung von der Schwesterpartei CSU, aber auch von führenden CDU-Politikern für seine Auffassung, dass Einwanderung zu den zentralen Zukunftsfragen der Bundesrepublik gehört. Merz selbst forderte die Union auf, beim Thema Zuwanderung und Integration die politische Führungsrolle in Deutschland zu übernehmen. Die Grünen warfen ihm vor, den Weg für eine «rassistische Kampagne» vorzubereiten.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) sprach sich dafür aus, die Zuwanderung auf europäischer Ebene zu lösen. In der ZDF-Sendung «Berlin direkt» sagte der SPD-Politiker am Sonntagabend: «Das ist ein europäisches Thema erster Güte. Es ist ja schon so, dass wir heute so weit sind, dass die Staaten in der EU im Grunde genommen sich gegeneinander ausspielen, wenn ich lese und höre und miterlebe, wohin Zuwanderung geht und in welchen Größenordnungen sie nach Deutschland geht und in andere Staaten.»

Zur Diskussion um den vom Unions-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz geprägten Begriff der deutschen «Leitkultur» meinte Clement: «Deutsche Leitkultur ist überhaupt kein Kriterium.» CSU- Generalsekretär Thomas Goppel sagte am Sonntagabend in der ARD- Sendung «Sabine Christiansen» zur «Leitkultur»: «Ich verstehe darunter unser Grundgesetz. Und dieses Grundgesetz ist unsere Hausordnung, und die hat für alle zu gelten, weil sie von ihrer Modernität her - das bestreitet überhaupt niemand auf der Welt - so gestrickt ist, dass sie sowohl für die die kommen, wie für die die hier sind, große gute Maßstäbe vorgibt, nach denen sich Deutschland prima organisieren lässt und kein Problem für Ausländer darstellt.»