Südwest Presse, 21.10.2000

"Arbeitsverbot lockern"

Asylbewerber sollen arbeiten dürfen, solange sie auf ihr Verfahren warten. Dies forderte die Bundestags-Abgeordnete Ekin Deligöz (Grüne) gestern in Neu-Ulm. JÜRGEN BUCHTA

Manchmal müssen die Menschen, die in Deutschland um Asyl ersuchen, jahrelang auf eine endgültige Entscheidung warten. Bezahlte Arbeit dürfen sie bisher in dieser Zeit nicht annehmen. Ekin Deligöz, Bundstags-Abgeordnete der Grünen aus dem Wahlkreis Neu-Ulm/Günzburg, sähe diese Regelung gern geändert.

¸¸Asylantragstellern, die sich länger als drei Monate in Deutschland aufhalten, sollte erlaubt werden zu arbeiten'', sagte sie gestern während eines Besuchs in der Sammelunterkunft für Asylbewerber in der Neu-Ulmer Eckstraße. So hätten sie etwas Sinnvolles zu tun, und der Lohn erlaube ihnen, auf eigene Kosten zu leben. Darüber hinaus fordert die 29-Jährige, Menschen, die beispielsweise wegen eines Bürgerkriegs in ihrer Heimat vorübergehend in der Bundesrepublik ¸¸geduldet'' werden, mehr Rechtssicherheit einzuräumen. Anstelle der behördlichen Duldung, die in der Regel alle drei Monate überprüft werde, sollte ihnen ein befristeter Aufenthalt etwa von drei Jahren bewilligt werden, fordert Deligöz. So würde diesem Personenkreis die Chance gegeben, das Leben mit etwas mehr Perspektive zu führen.

Der Kosovo-Krieg ist seit mehr als einem Jahr zu Ende. Seit einigen Tagen hat Jugoslawien eine demokratisch gewählte Regierung. Dennoch warnt Ekin Deligöz davor, jetzt alle Kosovo-Albaner und dieBosnier, die noch als abgelehnte Asylbewerber und Kontingentflüchtlinge in Deutschland leben, zurückzuschicken. Wenigstens nicht vor dem nächsten Frühjahr, sagte die Grünen-Politikerin.

Kosovoalbaner stellten zwar die größte Gruppe der in den staatlichen Sammelunterkünften lebenden Menschen, berichtet Gerd Olbrich, Sachgebietsleiter Flüchtlingswesen bei der Regierung von Schwaben. Doch seien drei Viertel derjenigen zurückgekehrt, die im Frühjahr des vergangenen Jahres vor den kriegerischen Auseinandersetzungen in ihrer Heimat nach Deutschland geflüchtet seien.

Das Neu-Ulmer Heim ist für 100 Personen eingerichtet. Gegenwärtig leben dort 62 Männer: Kosovaren und Kurden aus dem Irak, aus Syrien und der Türkei bilden die größten Gruppen. Olbrichs Behörde sucht jetzt nach einem weiteren Haus in der Stadt oder im Landkreis Neu-Ulm. Eigentlich müsse der Landkreis zweieinhalbmal mehr Asylbewerber aufnehmen als er derzeit beherbergt.

Nachdem im vergangenen Jahr noch 95 000 Menschen in Deutschland um Asyl gebetenhaben, liege die Zahl in diesem Jahr 20 bis 25 Prozent darunter, berichtete Gerd Olbrich.