Badische Zeitung, 20.10.2000

Alle Versuche, den internationalen Waffenhandel einzudämmen, haben bislang kaum Erfolg

Schmutzige Geschäfte

Berichte über das Ausmaß des internationalen Waffenhandels sind zumeist Erinnerungen an die vielen Konflikte, von denen die Welt gepeinigt wird. Das trifft weniger auf die Europäer und die Nordamerikaner zu, die seit Jahrzehnten in einem gesicherten Frieden leben. Es deutet vielmehr auf die permanente Gewaltausübung im Nahen und Mittleren Osten oder in den Entwicklungsländern hin. Ferner auf die ungebrochene Lust der großen Waffenproduzenten, aus Krisen und Konflikten Profit zu ziehen. Insofern regen Bilanzen wie die des Londoner Instituts für Strategische Studien zum Widerspruch an, zur moralischen Verurteilung der Exporteure und Schieber. Alle Jahre wieder. Bisher ohne Erfolg.

Nichts kann zum Beispiel die USA davon abhalten, Verbündete und taktische Partner in aller Welt mit einem stetigen Fluss modernster Waffen zu versorgen. So hat Washington es schon im Umgang mit dem einstigen Schah des Iran und diversen lateinamerikanischen und asiatischen Diktatoren getan, so halten die USA es nun vor allem mit den reichen Königtümern auf der Arabischen Halbinsel. Rüstungsgüter aus amerikanischen Waffenschmieden im Werte von 6,1 Milliarden Dollar kaufte im vergangenen Jahr allein das Königreich Saudi-Arabien - Washingtons Hauptverbündeter im Mittleren Osten, Bollwerk gegen islamischen Fundamentalismus und gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein. Und Barzahler.

Auch die europäischen Atommächte Großbritannien und Frankreich scheuen keine Mühe, um die Produkte ihrer Rüstungsindustrie, die den Eigenbedarf bei weitem übersteigen, weltweit zum Verkauf anzubieten. Skrupel nach deutscher Art gibt es da nur im geringen Umfang. Bedient wird jeder, der zahlen kann, und sei es der finsterste Diktator in Afrika. Dass diese Waffen zumeist in Bürgerkriegen eingesetzt werden, über die in den Versammlungen der Vereinten Nationen immer wieder geklagt wird, stört dabei wenig. Es gehe ja immerhin um heimische Arbeitsplätze, lautet die zynische Antwort auf die Vorhaltungen der Rüstungsgegner zu Hause, in Europa.

Auch Russland zeigt bei diesem schmutzigen Geschäft wenig Skrupel. Eben erst vereinbarte Präsident Wladimir Putin einen Milliarden schweren Vertrag mit der Regierung in Neu- Delhi und heizte damit das Wettrüsten zwischen den alten Rivalen und Mini-Atommächten Indien und Pakistan weiter an. Für Putin war dieser Abschluss ein Segen in zweierlei Hinsicht. Erstens kann Russland vor asiatischem Publikum wieder die so heiß zurückersehnte Rolle der Großmacht spielen. Zweitens wird die russische Rüstungsindustrie, die mangels heimischer Aufträge am Zusammenbrechen war, wieder auf Touren gebracht. Wie bereits mit den Aufträgen, die der fleißige Handelsreisende Putin in China ergattern konnte. Die Regierung in Peking ihrerseits verweist auf die stattlichen Waffenlieferungen der USA an die "abtrünnige Inselprovinz" Taiwan. Dieser Handel diene der Stabilisierung der Lage in einer besonders für Krisen anfälligen Region, sagen die Lieferanten, wie sie es auch in vielen anderen Fällen sagten.

Dass es trotz der in der nördlichen Erdhälfte erfolgreichen Entspannungspolitik keine Schrumpfung des internationalen Waffengeschäfts gibt, ist großenteils mit der wachsenden Zahl regionaler Konflikte in der Dritten und Vierten Welt zu erklären. Da geht es zwar nicht um die ganz dicken Brocken, dennoch lohnt sich das Geschäft für die Lieferanten wie für die vielen zum Teil kriminellen Zwischenhändler und Endverkäufer. Gescheitert sind die Versuche, nicht nur den Handel mit Panzern, Geschützen, Torpedobooten zu begrenzen, sondern auch die Geschäfte mit Handfeuerwaffen bis hin zu schweren Maschinengewehren, Panzerfäusten und tragbaren Luftabwehrraketen. Nicht zu vergessen die Landminen. Das Arsenal des modernen Guerillakämpfers, ob in Afghanistan, Zentralafrika oder Kolumbien, entzieht sich der Rüstungskontrolle alten Stils. In diesem Bereich sind auf internationaler Ebene ganz andere Anstrengungen notwendig, und sehr viel Kleinarbeit. Gerhard de Groot