yahoo.com, 20. Oktober 2000, 02:12 Uhr

Waffenruhe in Nahost wackelt

Neue Zusammenstöße zwischen Israelis und Palästinensern haben das Streben nach einer Waffenruhe an den Rand des Scheiterns gebracht. Bei einer Schießerei in der Nähe von Nablus wurden ein jüdischer Siedler und ein Palästinenser getötet sowie mindestens 20 Menschen verletzt. Beide Seiten beschuldigten sich gegenseitig, das Feuer eröffnet zu haben.

Der israelische Ministerpräsident Ehud Barak warf der palästinensischen Autonomiebehörde die Verletzung des vereinbarten Waffenstillstands vor. Die Konfliktparteien hatten sich am Mittwoch in Scharm el Scheich auf eine 48-Stunden-Frist zur Umsetzung der Waffenruhe geeinigt.

Am Abend kreisten israelische Kampfhubschrauber über dem Berg Ebal im Westjordanland, wo zuvor jüdische Siedler und Palästinenser aufeinander schossen. Nach israelischen Angaben verblutete einer der verwundeten Siedler, als die Gruppe auf Hilfe der Streitkräfte wartete. Bereits vorher war ein Palästinenser bei dem Schusswechsel ums Leben gekommen.

Laut israelischen Aussagen machten die etwa 40 jüdischen Siedler mit Militäreskorte einen Ausflug auf den Berg Ebal, als die Palästinenser das Feuer auf sie eröffneten. Demgegenüber erklärte die palästinensische Seite, die Siedler hätten grundlos auf unbewaffnete Bauern bei der Olivenernte geschossen.

UN verurteilen Israel

Die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen hat Israel wegen "weit verbreiteter, systematischer und grober Menschenrechtsverletzungen" verurteilt. Auf einer Sondersitzung in Genf beschloss das Gremium ferner, die Gewalt in den Autonomiegebieten von einer internationalen Kommission untersuchen zu lassen. Die von arabischen Staaten eingebrachte Resolution wurde mit 19 gegen 16 Stimmen bei 17 Enthaltungen angenommen.

Mit der Resolution wird die Hochkommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Mary Robinson, aufgefordert, ins Krisengebiet zu reisen. In dem Text wird der Besuch des israelischen Oppositionsführers Ariel Scharon auf dem Tempelberg verurteilt, der die Unruhen ausgelöst hatte.

Die USA kritisierten die Resolution als zu einseitig und aufstachelnd. Alle europäischen Staaten stimmten gegen den Text. Die EU hatte sich vergeblich um eine Entschärfung der Resolution bemüht.