web.de, 19.10.2000 17:21

Schriftsteller prangern Inhaftierung von Kollegen an

Veranstaltung zur Freiheit des Wortes auf der Buchmesse - Dokumentationen von Verfolgungen

Frankfurt/Main (AP)

Die Verfolgung und Inhaftierung von Schriftstellern in vielen Ländern der Erde sind bei einer Veranstaltung zur Freiheit des Wortes auf der 52. Frankfurter Buchmesse massiv angeprangert worden. Das PEN Zentrum Deutschland und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels legten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz eine Dokumentation von Fällen vor, in denen Autoren ermordet, mit dem Tode bedroht oder in Haft genommen worden oder schlicht verschwanden. Zugleich wurde ein Hilfeprogramm für Schriftsteller im Exil erläutert.

Der Bericht des PEN über das erste Halbjahr 2000 umfasst insgesamt 513 Fälle. Demnach wurden in diesem Zeitraum acht Autoren ermordet. Vier weitere starben unter mysteriösen Umständen, die noch geklärt werden müssen. Sieben verschwanden spurlos. Das Gros der Fälle bezieht sich jedoch auf Inhaftierungen, die nach Meinung des PEN nicht mit den Prinzipien eines Rechtsstaates vereinbar scheinen. Dem standen im ersten Halbjahr nur 27 Haftentlassungen gegenüber.

Als Beispiel seiner Kampagnen für die «Writers in Prison» dokumentierte der PEN den Fall des türkischen Dramatikers, Rechtsanwalts und Menschenrechtsaktivisten Esber Yagmurdereli. Er wurde wegen seines Engagements für die Belange der Kurden wegen umstürzlerischer Aktivität gegen die verfassungsmäßige Ordnung zunächst zum Tode verurteilt und dann mit einer lebenslangen Haftstrafe belegt. Schriftsteller in aller Welt setzen sich mit Unterschriftenaktionen und Petitionen für seine Freilassung ein.

Für Schriftsteller im Exil gibt es seit Juli 1999 in Deutschland ein Sonderprogramm, das vom Staatsminister für Kultur und Medien finanziell unterstützt wird. Damit konnte der PEN sechs exilierte Schriftsteller in verschiedenen deutschen Städten unterbringen. Sie kommen aus vier Ländern - der Türkei, Algerien, Iran und Sierra Leone - und habe nunmehr die Gelegenheit, unter anderem in Berlin, Hamburg, Köln, München und Frankfurt am Main ihrer schriftstellerischen Tätigkeit nachzugehen. Die sechste Stadt wurde aus Sicherheitsgründen nicht genannt.