Frankfurter Rundschau, 19.10.2000

Italien

Erstickte Flüchtlinge auf die Straße geworfen

FOGGIA, 18. Oktober (dpa). Vier Monate nach dem tragischen Erstickungstod von 58 Chinesen in Dover sind jetzt auch in Süditalien sechs Einwanderer in einem Lastwagen erstickt. Die Leichen der Menschen, die offenbar illegal einreisen wollten, wurden von den kriminellen Schleusern auf die Straße geworfen.

Wie das italienische Fernsehen berichtete, gingen die Schleuser mit unglaublicher Gewalt vor: Ein Mann sei von einem Lastwagen überrollt und dabei sein Schädel zertrümmert worden. Die Opfer trugen keine Dokumente bei sich. Vermutlich waren es Kurden, die mit einer Fähre aus Griechenland nach Apulien kamen. Die Leichen fand ein Autofahrer am Mittwochmorgen zufällig am Straßenrand nahe der Stadt Foggia.

Die italienischen Fahnder gehen davon aus, dass die auf dem Transport erstickten Kurden in einem Lastwagen mit einer Baumwoll-Ladung eingeschmuggelt werden sollten. An den Leichen waren Baumwollreste entdeckt worden. Jetzt wollen die Behörden in Süditalien alle Lkw überprüfen, die in jüngerer Zeit Baumwolle transportiert hatten. Italien gilt seit Jahren als Drehscheibe der illegalen Zuwanderung nach Europa. Allein seit Jahresbeginn kamen mehr als 20 000 Menschen heimlich über die Adria und das Ionische Meer ins Land. Die italienische Regierung fordert seit längerem, auch deutsche Polizisten sollten an der "europäischen Außengrenze" in Süditalien Dienst tun. Schon zum Jahresende soll ein erster Trupp deutscher Polizisten an die Adria kommen.