junge Welt, 17.10.2000

Gipfel unter Beschuß

Erneut tödliche Zusammenstöße in Palästinensergebieten

Der Nahost-Gipfel im ägyptischen Scharm-el-Scheich hatte gerade erst begonnen, da kam auch schon die Meldung über Zusammenstöße im Westjordanland und im Gazastreifen. Mehr als 50 Palästinenser und zwei israelische Soldaten sind dabei am Montag nach Angaben der Krankenhäuser verletzt worden. Der Gipfel »darf nicht scheitern, denn der Friedensprozeß und die Zukunft der Region stehen auf dem Spiel«, salbaderte US-Präsident William Clinton zum Auftakt. Sein 1993 in Oslo initiierter »Friedensprozeß« kann spätestens mit der jüngsten regionalen Dynamik der Proteste gegen die arrogant-brutale Politik Israels gegenüber den Palästinensern begraben werden.
Im Gazastreifen wurde am Nachmittag ein palästinensischer Polizist von israelischen Soldaten erschossen. Sechs Menschen wurden nach Angaben von Augenzeugen verletzt, als die Soldaten das Feuer auf einen Polizei- Kontrollposten eröffneten. Zuvor war bereits ein palästinensischer Jugendlicher in Bethlehem im Westjordanland von israelischen Soldaten in den Kopf geschossen und für klinisch tot erklärt worden. Symbolisch verbrannten 3 000 palästinensische Demonstranten vor dem Sitz der Autonomiebehörden in Gaza drei Särge, die die USA, Israel sowie die israelisch- palästinensischen Friedensabkommen symbolisieren sollten.
Rüdiger Göbel