Aachener Nachrichten, 14.10.2000

Kirchen- und Flüchtlingsvertreter marschierten ins Rathaus

Linden soll das Blatt für Calhan wenden

Aachen (an-o). OB Jürgen Linden soll sich in einem Offenen Brief an den NRW-Innenmister und an die Landrätin des Kreises Wesel wenden, um in letzter Minute die Abschiebung des Kurden Hüseyin Calhan zu verhindern.

Vertreter des Aachener Wanderkirchenasyls, Flüchtlingsbeauftragte der Kirchen, verschiedene Pfarrer und Mitglieder des Flüchtlingsplenums marschierten gestern Nachmittag ins Rathaus. Ziel war das Oberbürgermeisterbüro. Dort nahm Lindens Mitarbeiter Alexander Lohe die Aufrufe mit der Aufforderung entgegen, dass der OB sich nochmals entschieden und persönlich für den in Abschiebehaft befindlichen Kurden verwenden solle.

"Massive Bedrohung"

Nach dem negativen Urteil des Verwaltungsgerichts droht dem Sprecher des Wanderkirchenasyls und Aachener Friedenspreisträger am kommenden Dienstag die Abschiebung in die Türkei. Das stellt, wie der aus dem Urlaub zurückgekehrte Pfarrer Herbert Kaefer befürchtet, eine massive Bedrohung seiner körperlichen Unversehrtheit, ja sogar seines Lebens dar. Denn wie Berichten der überregionalen Presse zu entnehmen sei, seien gerade Vertreter des Kirchenasyls in der Türkei massiven Verhören mit Folterungen Ausgesetzt.

So fordern der katholische Flüchtlingsvertreter, Markus Reissen, gemeinsam mit dem Vertreter des evangelischen Kirchenkreises Aachen, Uwe Loeper, und der Vertreter des Flüchtlingsplenums, Hermann-Josef Diepers, eindringlich OB Lindens persönlichen Einsatz beim Düsseldorfer Parteifreund und Innenminister Behrens wie bei der Weseler Kollegin, der Landrätin Birgit Amend-Glantschnig.

Der Kurde sei im übrigen nicht reisefähig, Ärzte befürchten, so Reissen, dass der in Büren Einsitzende bereits den Transport nicht verkrafte. Pfarrer Kaefer: "Was nützt es dann, wenn der Petitionsausschuss des Landtages am Mittwoch positiv entscheidet." Dann wäre der Kurde bereits in der Türkei und müsste um sein Leben bangen.

Wolfgang Schumacher