Hamburger Abendblatt, 14.10.2000

Die neuen Minderheiten

Forderung nach verbesserter Integration

Einen in Deutschland niedergelassenen Türken als "Ausländer", "Gast" oder "ausländischen Mitbürger" zu bezeichnen - das entspricht laut Professor Hakki Keskin, dem Vorsitzenden der türkischen Gemeinde in Deutschland, nicht mehr "der Lebensrealität dieser Menschen". Keskin: "Sie sind Deutschland-Türken. Sie sind die neuen kulturellen Minderheiten Deutschlands." Die Forderung nach diesem Oberbegriff stammt aus einem Sechs-Punkte-Papier, das die Türkische Gemeinde der von Innenminister Otto Schily ins Leben gerufenen Kommission "Zuwanderung" als Vorschlag unterbreitet.

Auch der Rechtsstatus "Ausländer" für Menschen, die zwischen 20 und 40 Jahre in Deutschland leben, sei "integrationsfeindlich". Es sei die Aufgabe der Politik, so Keskin, die "Barrieren beim Erwerb der Deutschen Staatsbürgerschaft zu beseitigen". So müsse die Beibehaltung der zweiten Staatsbürgerschaft toleriert werden. Und statt der derzeit geforderten "ausreichenden Deutschkenntnisse in Wort und Schrift" sollte die Fähigkeit, sich "in der deutschen Sprache mündlich verständigen" zu können, ausreichen.

Rassismus, Antisemitismus und Ausländerhass fielen nicht unter die Meinungsfreiheit, sagt Keskin. Entsprechendes Ideengut müsse "mit aller Härte der Gesetze, wenn nötig durch neue Gesetze, verfolgt und gegebenenfalls verboten werden".

Der "Gleichbehandlungsgrundsatz" müsse konsequent durchgesetzt werden. Behörden, Firmen, Vereine oder Wohnungsgesellschaften sollten danach mit Strafen rechnen müssen, wenn sie Menschen wegen ihrer Herkunft diskriminierten. (abm)