Frankfurter Rundschau, 12.10.2000

Signale für ein Ende der Gewalt

Diplomatische Bemühungen in Nahost nähren Hoffnung

Im Nahen Osten gibt es nach intensiven diplomatischen Bemühungen Hoffnungen auf eine Lösung der Krise. Im Westjordanland beruhigte sich die Lage, allerdings wurde erneut ein Jugendlicher getötet.

JERUSALEM, 11. Oktober (dpa/rtr/afp/ap). Internationale Vermittler haben am Mittwoch im Nahen Osten versucht, die schweren Krisen zwischen Israel, den Palästinensern und Libanon zu entschärfen. UN-Generalsekretär Kofi Annan, EU-Chefdiplomat Javier Solana und der britische Außenminister Robin Cook versuchten erneut, Israelis und Palästinenser an den Verhandlungstisch zu bringen. Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt.

Nach Eindruck von Beteiligten gab es Fortschritte. Aus Diplomatenkreisen verlautete, der Schlüssel könnte eine Untersuchung der Ursachen und des Verlaufes der Unruhen in den israelisch besetzten Palästinenser-Gebieten sein. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte in Kirgistan, Außenminister Igor Iwanow habe ihm nach Unterredungen mit Israels Premier Ehud Barak und Palästinenserpräsident Yassir Arafat berichtet, beide Seiten bewegten sich aufeinander zu. "Das lässt die Hoffnung zu, dass der Friedensprozess wieder in Gang gebracht werden kann", sagte Putin. Die Palästinenser äußerten sich hingegen nach den Gesprächen mit Annan und Solana pessimistisch. Annan hatte die Gespräche mit Barak und Arafat überraschend auf eine zweite Runde ausgedehnt und seinen Besuch im Libanon verschoben. US-Präsident Bill Clinton beteiligte sich von Washington aus telefonisch an den Vermittlungsbemühungen. Von seinem Plan eines Nahostgipfels in Ägypten rückte Clinton aber offenbar ab. Es gehe nicht um einen weiteren Gipfel, sondern darum, Ruhe in der Region wiederherzustellen, sagte er in Washington.

Die radikal-islamische Hisbollah-Miliz erklärte sich grundsätzlich zu Gesprächen mit Annan über die drei israelischen Soldaten bereit, die die Miliz im Libanon verschleppt hatte. Scheich Naim Kassem nannte als Bedingung, dass Annan "präzise und annehmbare Elemente" von israelischer Seite mitbringe. Der überraschend nach Syrien gereiste iranische Außenminister Kamal Kharrasi machte bei seiner Ankunft in Damaskus die Freilassung aller Gefangenen in Israel zur Bedingung für die Freilassung der Soldaten.

Im Westjordanland beruhigte sich die Lage "in beträchtlichem Umfang", wie die israelische Armee mitteilte. Der Führer von Arafats Fatah-Bewegung im Westjordanland, Marwan Barghuthi, sagte, er habe von Arafat die Anweisung erhalten, Konfrontationen mit der israelischen Armee zu vermeiden. Allerdings wurde nach palästinensischen Angaben in Tulkarem ein 17-jähriger Demonstrant erschossen.