taz Nr. 6268 vom 12.10.2000, Seite 6

Bischöfe: Asylrecht nicht einschränken

Katholische Kirche verlangt in Bischofswort "Gerechter Friede" mehr Gewaltprävention und gerechte Weltwirtschaft

Die katholische Kirche hat ein Konzept zur Einwanderung, den Erhalt des jetzigen Asylrechts und eine "gezielte Integrationspolitik" für Migranten gefordert. "Kein Einwanderungskonzept darf zu Lasten des ohnehin schon eingeschränkten Asylrechts gehen", heißt es in dem Bischofswort "Gerechter Friede", das gestern in Berlin vorgestellt wurde.

Ohne Namen zu nennen, verteilen die Bischöfe darin verbale Ohrfeigen an Politiker, die mit ihren Äußerungen Fremdenfeindlichkeit gefördert haben: "Die Politik kann Fremdenfeindlichkeit nur dann glaubwürdig kritisieren, wenn sie selbst alles vermeidet, was ihr Vorschub leistet", schreiben sie in dem mehr als 100-seitigen Papier. "Wir brauchen zudem eine gezielte Integrationspolitik, die mehr beinhaltet als den Ruf nach Anpassung oder das bloße Zuwarten, dass sich die Probleme irgendwie von selbst lösen." Es genüge auch nicht, den wirtschaftlichen und demografischen Nutzen von Zuwanderern in den Vordergrund zu stellen, mahnen die Bischöfe. Dies sei entscheidend für die "Zukunftsfähigkeit" der Bundesrepublik.

Das Bischofswort zum Frieden steht in der Nachfolge des letzten zu diesem Thema aus der Zeit der Nachrüstung 1983. Während das damalige ganz im Zeichen der Ost-West-Konfrontation stand, versucht das jetzige Wort, Antworten auf die vielen Konflikte zu finden, die seit dem Ende des Kalten Krieges weltweit aufbrachen. In der neuen Erklärung liegt der Schwerpunkt auf der Konfliktprävention. Intensiv untersuchen die Oberhirten dabei das Phänomen der Gewalt, die sie weit definieren.

Da Ungerechtigkeit leicht zu Gewalt führe, kritisieren die Bischöfe etwa die ungerechte Weltwirtschaft. Sie mahnen, durch die Globalisierung drohten die armen Länder an den Rand gedrängt zu werden: "Eine Welt, in der den meisten Menschen vorenthalten wird, was ein menschenwürdiges Leben ausmacht, ist nicht zukunftsfähig. Sie steckt auch dann voller Gewalt, wenn es keinen Krieg gibt. Verhältnisse fortdauernder schwerer Ungerechtigkeit sind in sich gewaltgeladen und gewaltträchtig."

Auch andere Aspekte des Wortes sind brisant: Die Bischöfe setzen hohe Maßstabe an "humanitäre" Einsätze der Bundeswehr an. Sie betonen, dass die allgemeine Wehrpflicht nur so lange erhalten werden dürfe, wie sie notwendig sei. Zudem kritisieren die Oberhirten gewalttätiges Verhalten der Kirche in der Vergangenheit und mahnen zu Zivilcourage gegen Rechtsextremismus. PHILIPP GESSLER