Frankfurter Rundschau, 11.10.2000

Asyl bleibt Wahlkampf-Thema

Unions-Fraktionschef Merz nennt Zuwanderung zentral

Von Axel Vornbäumen

Die Union wird die Zuwanderung von Ausländern aller Voraussicht nach zu einem zentralen Thema im Bundestagswahlkampf 2002 machen. Der Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Friedrich Merz kündigte am Dienstag in Berlin an, jedes Thema anzupacken, "das sich eignet, erfolgreich Wahlkampf zu führen".

BERLIN, 10. Oktober. Merz deutete an, dass er für den Bundestagswahlkampf nicht nur die Frage der Einwanderung, sondern auch die Änderung der Asylgesetzgebung im Auge habe. Es sei "unerträglich", dass Asylverfahren gegenwärtig bis zu fünf oder sechs Jahren dauerten, die Verfahren müssten "nachhaltig verkürzt" werden. Merz sagte, eine "Lösung der Probleme im Bereich der Zuwanderung" sei "überfällig". Formuliert werden müssten "positive Einwanderungstatbestände", es gehe aber auch darum, "dass die Ausländer bereit sind, sich einer deutschen Leitkultur anzunehmen". Das Thema Ausländer, sagte der Unionspolitiker, werde "wichtiger als es bisher war".

Merz, der zusammen mit seinem Fraktionsvize Michael Glos (CSU) eine kritische Halbzeitbilanz der rot-grünen Regierung zog, wandte sich explizit gegen den Regierungsstil von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), der alle Fragen im Konsens zu lösen suche.

Die Union lasse sich aber ihre Themen nicht vorschreiben. Ausdrücklich würdigte der CDU-Politiker in diesem Zusammenhang auch die Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, mit der Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) im Februar vergangenen Jahres einen überraschenden Wahlsieg errungen hatte. Befürchtungen, dass dadurch die Rechtsextremen Auftrieb erhalten könnten, hätten sich als nichtig erwiesen. Hessen, erklärte Merz, habe hinsichtlich rechtsextremistischer Straftaten "die zweitniedrigste Kriminalitätsrate aller Bundesländer".

Merz widersprach zugleich Positionen, wonach sich die demographischen Probleme der Bundesrepublik durch einen verstärkten Zuzug von Ausländern lösen ließen. Derzeit fehle in jeder Generation etwa ein Drittel; dies bedeute, dass 250 000 bis 300 000 Ausländer aus der jüngeren Generation nach Deutschland ziehen müssten, rechnete Merz vor. Er deutete an, dass er diese Zahlen für zu hoch hält.

Einem Antrag auf ein Verbot der rechtsextremen NPD steht Merz skeptisch gegenüber. Allerdings liege die Entscheidung zunächst bei der Bundesregierung.