Frankfurter Rundschau, 10.10.2000

Mittler ringen um Ende der Gewalt in Nahost

Annan und Iwanow verhandeln mit Barak und Arafat

Wenige Stunden vor dem Ende eines israelischen Ultimatums an die Palästinenser haben die USA, Russland, die UN und die EU am Montag ihre Bemühungen um ein Ende der Gewalt im Nahen Osten intensiviert. Bei neuen Zusammenstößen im Westjordanland und im Gazastreifen wurden mehrere Menschen getötet.

JERUSALEM, 9. Oktober (rtr/dpa). UN-Generalsekretär Kofi Annan und der russische Außenminister Igor Iwanow wurden am Montagabend in der Krisenregion erwartet. UN-Sprecher Fred Eckhard sagte in New York, Annan wolle sich mit Israls Premier Ehud Barak, Palästinenser-Präsident Yassir Arafat und weiteren Spitzenpolitikern der Region treffen. Annan wolle nichts unversucht lassen, um den Friedensdialog wieder in Gang zu bringen. Wegen des jüdischen Jom-Kippur-Feiertags sollten die Gespräche mit Barak erst am heutigen Dienstag stattfinden.

Iwanow erklärte in der syrischen Hauptstadt Damaskus, der einzige Weg zum Frieden sei, die arabisch-israelischen Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen. An die Adresse Israels gerichtet sagte er: "Zunächst einmal muss die Gewalt gegen das palästinensische Volk aufhören." Iwanow flog nach Beirut weiter, wo er eventuell auch Kontakt mit der radikal-islamischen Hisbollah aufnehmen wollte, um die Freilassung der drei vergangene Woche entführten israelischen Soldaten zu erreichen. US-Präsident Bill Clinton plant US-Regierungsvertretern zufolge möglicherweise noch in dieser Woche einen neuen Nahost-Gipfel, an dem auch Barak, Arafat und der ägyptischen Präsident Hosni Mubarak teilnehmen sollen.

Die 15 Außenminister der Europäischen Union appellierten an Israelis und Palästinenser, Schritte zur Entschärfung des Konflikts zu gehen. Die Führungen sollten die Bevölkerung zur Beendigung der Gewalt aufrufen. Der außenpolitische EU-Koordinator Javier Solana will am heutigen Dienstag in die Krisenregion reisen.

Barak hatte den Palästinensern gedroht, sollten die Unruhen bis zum gestrigen Montagabend nicht aufhören, werde Israel militärische Maßnahmen ergreifen. Arafat beschuldigte die israelische Regierung, im Westjordanland und im Gazastreifen Verbrechen gegen das palästinensische Volk zu verüben. Er habe am Montag in Kairo mit Mubarak die gefährliche Lage erörtert, sagte Arafat nach der Rückkehr nach Gaza.

Unterdessen kam es erneut zu schweren Zusammenstößen in Israel und den Palästinensergebieten, bei denen seit Sonntagabend sieben Palästinenser und ein Israeli getötet wurden.