junge Welt, 07.10.2000

NRW schiebt ab

SPD- und Reisebüros besetzt. Protest gegen Abschiebungen

Am Freitag morgen besetzten Mitglieder der Initiative »Kein Mensch ist illegal« das Büro der Türkish Airlines in Oberhausen, um gegen die Inhaftierung von Halil Arslan und Hüseyin Calhan zu protestieren. Die beiden Kurden, deren Asylanträge abgelehnt worden waren, hatten Zuflucht im Wanderkirchenasyl gefunden. Hüseyin Calhan, einer der Sprecher des Wanderkirchenasyls, (jW berichtete am 5. Oktober) wurde am 27. September in Aachen verhaftet und sitzt seitdem im Abschiebegefängnis in Büren. Halil Arslan, dessen Brüder in der Türkei ermordet wurden, wurde bereits am 22. September in Oberhausen verhaftet und sitzt in Moers ein. Beide hatten sich in der Türkei unter anderem geweigert, als sogenannte Dorfschützer gegen die Guerilla zu kämpfen. Sie sind den türkischen Behörden namentlich bekannt und müssen im Falle einer Abschiebung mit Inhaftierung und Folter rechnen. Mit der Besetzung des Büros der Turkish Airlines in Oberhausen forderten die Unterstützer des Kirchenasyls und Mitglieder von »Kein Mensch ist llegal« die Freilassung der beiden sowie einen generellen Abschiebestopp in die Türkei. Sie forderten die Mitarbeiter der Fluggesellschaft auf, öffentlich gegen Abschiebungen Stellung zu beziehen und die Beförderung der Flüchtlinge zu verweigern. Ebenfalls am Freitag besetzten tamilische Flüchtlinge zehn Büros von SPD-Landtagsabgeordneten in Nordrhein- Westfalen, um gegen die Abschiebung von zwei Tamilen zu protestieren. Die Besetzer hatten gehofft, daß die SPD- Abgeordneten Druck auf das Innenministerium hätten ausüben können, um die für den Mittag angesetzte Abschiebung von N. Rajakanthan und P. Gunasingham noch zu verhindern. Doch der noch in der Nacht eingereichte Eilantrag des Anwaltes der Flüchtlinge wurde am Vormittag abgelehnt und die Abschiebung mit der Gesellschaft Air Lanka wie geplant durchgeführt. Die beiden Betroffenen hatten sich zuvor über 20 Tage an einem Hungerstreik in der Moerser Abschiebehaftanstalt beteiligt. Durch diese Aktion waren sie international in die Medien gekommen. »Diese Abschiebung ist unverantwortlich«, so Carola Praß vom Internationalen Menschenrechtsverein Bremen gegenüber jW. In Moers sitzen nach wie vor drei Tamilen in Abschiebehaft. Carola Praß versicherte: »Wir werden weitermachen mit unseren täglichen Mahnwachen vor dem Abschiebeknast.« Am Sonnabend findet um 17 Uhr vor dem Gefängnis eine Solidaritätskundgebung für den Kurden Halil Arslan und die tamilischen Flüchtlinge statt.

Anke Fuchs