junge Welt, 05.10.2000

Watschen für Eppelmann

Medienattacke des CDU-Mannes gegen Kirchenasyl empört zurückgewiesen

Die Märkische Oderzeitung, in der Rainer Eppelmann schon seit Jahren ein gefälliges Sprachrohr für seine special interests gefunden hat, veröffentlichte am 22. September einen Gastkommentar, in dem der Polit-Pfarrer endlich vom Leder ziehen konnte: Mit dem Nazischlagwort der »Sippenhaft« prügelte er auf Bundestagspräsident Wolfgang Thierse ein, der es gewagt hatte, auf die fatale Nähe brandenburgischer Anti- Asylpolitik zu rechtsradikalen Stammtischhoffnungen hinzuweisen. Den Landesbischof der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, Wolfgang Huber, watschte er als Kirchenspalter ab, weil Huber beim Innenministerium die Einhaltung europäischer Menschenrechtskonvention und deutscher Grundgesetzlichkeit eingefordert hatte. Eine Asyl suchende vietnamesische Familie erklärte er zu Kriminellen, um endlich zu verkünden: »Ein Kirchenasyl kann nur dann ernsthaft erwogen werden, wenn die Schutzsuchenden Opfer der Willkür eines Unrechtsstaates sind.«

Wenn Olaf Schmidt, Pfarrer in Dolgelin, ihn trotz »offener Hetze« jetzt in einem Brief als »Lieber Bruder Eppelmann« anspricht, so nur, um den Ex-Pfarrer in die christliche Mitverantwortung zurückzurufen. »Kommen Sie runter vom hohen Roß der Arroganz und Überheblichkeit, machen Sie sich die Mühe, mit den Kleinen und Benachteiligten zu reden. Dann werden Ihre Worte auch wieder glaubhaft, alles andere ist Heuchelei«, stellt Schmidt fest, der mit seiner Gemeinde monatelang Kirchenasyl für Nguyen van Tuan gewährte, bis der Vater und sein schwer asthmakranker Sohn im September endlich von der Fahndungsliste gestrichen wurden. »Hätte es ein Kirchenasyl nicht gegeben, wäre die Familie getrennt worden. Die werdende Mutter läge jetzt allein im Asylbewerberheim Kundersdorf, ihr Ehemann und der gemeinsame achtjährige Sohn wären nach Vietnam abgeschoben worden. Es bleibt mir unerklärlich, warum Sie in Ihrem Kommentar verschwiegen haben, daß ein Beschluß des Verwaltungsgerichtes Frankfurt (Oder) die Duldung der Mutter angewiesen hat, nachdem durch Überprüfung eine Risikoschwangerschaft festgestellt wurde und eine drohende Fehlgeburt nicht auszuschließen war. Wie hoch schätzen Sie den Schutz des ungeborenen Lebens ein und den Schutz der Familie? ... Oder sollten Sie etwa in diesem Fall anders denken, weil es sich um eine vietnamesische Familie handelt?« Besser täte Eppelmann daran, so Schmidts Rat, sich für eine Handhabung der 1999 beschlossenen Altfallregelung einzusetzen, wie sie bereits in zehn Bundesländern praktiziert wird. Dadurch können Familien, die seit 1993 in Deutschland leben, durch den Nachweis von Wohnung und Arbeitsplatzzusage ein Bleiberecht erwirken. »Aber will man das, wollen Sie das? Eine Gemeinschaft mit Ausländern, Menschen mit anderen Kulturen auf der Grundlage gegenseitiger Achtung und Toleranz? Was liegt Ihnen wirklich am Herzen, Integration oder Ausgrenzung und bschiebung?« Eppelmann könnte die Antwort darauf geben, indem er sich, wie von Schmidt gefordert, öffentlich bei Bundestagspräsident Thierse, Bischof Huber und der vietnamesischen Familie entschuldigt. Daß er es tun wird, darf bezweifelt werden. »So erweist sich heute, daß der damalige Eindruck mancher Mitglieder der Kirchenleitung offensichtlich nicht falsch war, es gehe dem Pfarrer Eppelmann mehr um Politik als um das Evangelium... So wie Sie keinen Kontakt suchen zu ihrer Kirchengemeinde und wahrscheinlich auch nicht zu den Menschen hier am Ort, so haben Sie die Fühlung verloren. Wen vertreten Sie eigentlich noch?« Das sind keine Sätze aus Schmidts Offenem Brief. Sie entstammen einem öffentlichen Schreiben des Pfarrers Christoph Sehmsdorf aus Berlin- Friedrichshagen vom 25. November 1992. Wie schön zu sehen, daß Maurer-Theologe Eppelmann sich treu geblieben ist. Als Mörtelheiliger.

Martin Zippendorf