Frankfurter Rundschau, 05.10.2000

Arafat verhandelt mit Barak

Ringen um Ende der Gewalt in Nahost / Erneut Kind getötet

Während in den palästinensischen Autonomiegebieten nach knapp einwöchigen Straßenschlachten mit fünf Dutzend Toten und hunderten Verletzten die Gewalt am Mittwoch etwas abflaute, fanden in Paris intensive diplomatische Bemühungen zur Beendigung der Gewalt statt.

PARIS/JERUSALEM, 4. Oktober (rtr/dpa/ap). Die USA und die Europäische Union (EU) haben am Mittwoch in Paris in der Nahost-Krise zu vermitteln versucht. Einen Tag vor einem geplanten Treffen mit Ägyptens Präsident Hosni Mubarak, sollten Israels Ministerpräsident Ehud Barak und Palästinenser-Präsident Yassir Arafat dazu bewogen werden, ihre Friedensgespräche trotz der seit Jahren schwersten Unruhen in den Palästinenser-Gebieten wieder aufzunehmen. Am Mittwochabend kam nach zähen Verhandlungen ein Dreiertreffen zwischen US-Außenministerin Madeleine Albright, Barak und Arafat in Paris doch noch zustande. Das wurde laut der Nachrichtenagentur afp von Diplomaten in Paris mitgeteilt. Das Treffen war wiederholt verschoben worden. Über Ergebnisse des Treffens war bei Redaktionsschluss nichts bekannt.

Zuvor waren Arafat und Barak zu getrennten Gesprächen mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac und mit Albright zusammengekommen. Für das Dreiertreffen hatte Arafat als Vorbedingung die Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission und Sicherheitsgarantien für die palästinensische Zivilbevölkerung verlangt.

Barak erklärte nach seinem Gespräch mit Chirac als Vertreter der EU-Ratspräsidentschaft, Arafat sei für die neue Welle der Gewalt im Nahen Osten verantwortlich und müsse sich entscheiden, ob er Frieden schließen wolle. Arafat müsse nur seiner Miliz und Polizei befehlen, das Schießen einzustellen, und die Gewalt hätte sofort ein Ende, sagte Barak. Dies sei eine Bedingung für die Wiederaufnahme der Friedensgespräche.

Israel ist nach Angaben der US-Regierung mit einer Untersuchung der Vorfälle unter Leitung der USA einverstanden. Israel und die Palästinenser sollten demnach getrennt ermitteln und gemeinsam mit den USA Vorschläge ausarbeiten, um zukünftige Unruhen zu verhindern. Dagegen fordern die Palästinenser, dass in der Untersuchungskommission Frankreich, die EU und Ägypten die arabischen Staaten vertreten sollten.

UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte, in Paris entscheide sich, ob der Friedensprozess wieder auf den Weg gebracht werden könne. Auch er kündigte für den späteren Verlauf des Mittwochs Treffen mit Barak und Arafat an.

Im Gaza-Streifen wurde am Mittwoch nach palästinensischen Angaben erneut ein zwölfjähriger Junge von israelischen Geschossen getötet.