Frankfurter Rundschau 4.10.2000

Rechtsextreme greifen Spätaussiedler an

Frau erleidet Kopfverletzungen / Junge Männer werfen Senegalesen in Berlin auf Bahngleise

Rechtsextreme Jugendliche haben in der Nacht zum Dienstag ein Ehepaar, Spätaussiedler aus Russland, in Schwerin bedroht und die Frau schwer verletzt. In Berlin verletzten Rassisten einen Senegalesen und warfen ihn auf Bahngleise.

SCHWERIN/BERLIN, 3. Oktober. In Schwerin hatten die beiden jungen Männer nach Angaben der Polizei zunächst Nazi-Parolen an Häuserwände und auf ein Lenin-Denkmal gesprüht. Danach griffen sie das russisch sprechende Ehepaar an. Während der Mann unverletzt blieb, erlitt die Frau den Ermittlern zufolge Kopfverletzungen und eine Gehirnerschütterung. Einer der Tatverdächtigen wurde unmittelbar nach dem Übergriff festgenommen. Der 18-Jährige, gegen den es bereits früher Ermittlungen wegen rechtsextremistischer Parolen gegeben habe, werden gemeinschaftliche Körperverletzung, Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen und Sachbeschädigung vorgeworfen. "In seiner Wohnung wurde neonazistisches Material sicher gestellt", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der zweite jugendliche Schläger sei noch auf der Flucht. Nach ihm werde gefahndet.

Im Berliner Stadtteil Lichtenberg nahm die Polizei vier Männer im Alter zwischen 22 und 27 Jahren fest, die einen in der Hauptstadt lebenden Senegalesen angegriffen hatten. Laut Polizeibericht hatten die Männer ihr Opfer auf einem S-Bahnhof in Berlin-Lichtenberg mit rassistischen Äußerungen beleidigt, ihn in dem darauf folgenden Streit geschlagen, mit Fußtritten verletzt und auf die Gleise der S-Bahn gestoßen. Dem 29-jährigen Opfer gelang es schließlich zu fliehen und die Polizei zu verständigen. Diese konnte die vier Verdächtigen noch in der Nähe des Tatortes festnehmen. Alle vier waren nach Polizeiangaben noch nicht als rechtsradikale Gewalttäter in Erscheinung getreten.

Verfahren gegen Irving eingestellt

WEINHEIM (dpa). Das Amtsgericht Weinheim hat nach eigenen Angaben das Verfahren gegen den britischen Holocaust-Leugner David Irving wegen Verjährung eingestellt. Nachdem im vergangenen Jahr ein Auslieferungsersuchen an Großbritannien erfolglos blieb, sei nach zehn Jahren die absolute Verfolgungsverjährung eingetreten, sagte der zuständige Richter: "Das hat sich erledigt." Irving soll im Herbst 1990 bei einer Veranstaltung der rechtsextremen NPD in Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis) den Massenmord der Nationalsozialisten an den Juden geleugnet haben. Deswegen hatte ihn die Mannheimer Staatsanwaltschaft im Jahre 1995 angeklagt.