web de 03.10.2000 09:02

Feuerpause soll vor Nahost-Gipfel für Entspannung sorgen - Erste Feiertagszusammenfassung

Mehr als 50 Tote bei Unruhen - USA blockieren Resolution im UN-Sicherheitsrat - Vorwürfe gegen Israel

Jerusalem (AP)Nach tagelangen Straßenkämpfen mit mehr als 50 Todesopfern haben Israel und die Palästinenser eine informelle Feuerpause vereinbart. Der amtierende israelische Außenminister Schlomo Ben-Ami sagte am Dienstag, er hoffe, dass ein Gipfeltreffen am Dienstag in Paris eine dauerhafte Beendigung der Unruhen herbeiführen werde. Unter Vermittlung von US-Außenministerin Madeleine Albright wollen der israelische Regierungschef Ehud Barak und der palästinensische Präsident Jassir Arafat auch nach neuen Ansätzen für eine Weiterführung des Friedensprozesses suchen.

Der israelische Militärsprecher Marcel Aviv erklärte am Dienstagmorgen im Armeeradio, beide Seiten hätten die Waffenruhe bei Tagesanbruch vereinbart. Seitdem sei es im Westjordanland ruhig. «Wir werden das Feuer nicht eröffnen, wenn das Feuer nicht auf uns zuerst eröffnet wird», sagte Aviv.

Zu keiner Entschließung konnte sich der UN-Sicherheitsrat durchringen, der am Montagabend auf Ersuchen der Palästinenser zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen kam. Die USA blockierten eine Resolution, in der beide Seiten zu Zurückhaltung aufgefordert werden sollten. Die Vereinigten Staaten wandten sich vor allem gegen einen Hinweis auf die Vierte Genfer Konvention, die eine Besatzungsmacht zum Schutz der Zivilbevölkerung verpflichtet. Außerdem stieß eine Formulierung im Resolutionsentwurf auf amerikanische Kritik, wonach der «exzessive Einsatz von Gewalt» verurteilt wird.

Die Palästinenser appellierten an den Rat, den Friedensprozess im Nahen Osten zu retten und die gewaltsamen Ausschreitungen zu beenden. Der palästinensische UN-Vertreter Nasser Al-Kidwa sagte, die israelischen Streitkräfte müssten sich von den heiligen Stätten in Jerusalem zurückziehen. Die Palästinenser werfen Israel eine Verletzung der Genfer Konventionen zur Kriegführung vor, die den Schutz der Zivilbevölkerung vorschreiben. Der israelische UN-Botschafter Jehuda Lancri erklärte hingegen, es sei nicht erwünscht, dass sich der Sicherheitsrat an dieser schwierigen Wegkreuzung im Friedensprozess einschalte.

Schwerpunkt der Straßenkämpfe seit Freitag waren die Städte im Westjordanland und im Gazastreifen. Zu den schwersten Unruhen seit der Staatsgründung kam es aber auch in arabisch besiedelten Orten in Israel selbst. Dort wurden mindestens neun Menschen getötet. Auslöser der Unruhen war ein Besuch des rechtsgerichteten israelischen Politikers Ariel Scharon auf dem Tempelberg in Jerusalem.