Die Welt, 31.8.2000

Rüstungsindustrie vermisst Engagement der Politik

"Zweite tragende Säule der nationalen Sicherheit"

Von Hans-Jürgen Leersch

Berlin - Trotz eines massiven Personalabbaus in den letzten Jahren ist die Produktpalette der deutschen wehrtechnischen Industrie "in jeder Hinsicht Weltspitze". Dies erklärte der Präsident des "Förderkreises des deutschen Heeres", Franz Lanz, in einem Gespräch mit der WELT. Zugleich kritisierte Lanz, dass in der Bundesrepublik die Rüstungsindustrie abgelehnt oder nur mit kritischer Distanz zur Kenntnis genommen werde. Der "Förderkreis", ein Zusammenschluss von Politikern und Industrievertretern, bemüht sich um mehr Verständnis für Bundeswehr und beteiligte Industrie. Nach Angaben von Lanz wurde der Personalbestand der Panzer bauenden Industrie in den letzten acht Jahren von 44 000 auf 15 000 Beschäftigte verringert. Die Munitionshersteller reduzierten von 20 000 auf nur noch 8000 Beschäftigte. Damit wenigstens die verbliebenen Kernfähigkeiten gerettet werden können, sind die Hersteller dringend auf Auslandsaufträge angewiesen, zum Beispiel für Leopard-Panzer aus Griechenland und der Türkei, da die Bundeswehr immer weniger Aufträge erteilt.

Lanz forderte von der Bundesregierung mehr Engagement für die Rüstungsindustrie: "Da Sicherheitsvorsorge als nationale Aufgabe unteilbar ist, muss sich die Politik gleichermaßen um Streitkräfte und industrielle Rüstungsbasis kümmern." Denn neben den Streitkräften sei die Rüstung die zweite tragende Säule der nationalen Sicherheitsvorsorge. Lanz: "Die Schweiz und Schweden sind Beispiele dafür, dass sich selbst kleine Nationen eine möglichst breite Palette rüstungsindustrieller Potenziale leisten, um ihre Souveränität zu unterstreichen." Daher sei eine Bundeswehr ohne Rüstungsbasis nicht glaubwürdig, "da ihr der Makel der Abhängigkeit anhängt".

Lanz, der den Kritikern der Rüstungsindustrie "Realitätsverweigerung" bescheinigte, wies darauf hin, dass der Kampfpanzer Leopard II "alle internationalen Wettbewerbe, an denen er teilnehmen konnte, gewonnen hat". Auch die Neuentwicklungen der Rüstungsindustrie wie das "Gepanzerte Transportfahrzeug" und die "Neue gepanzerte Plattform" dürften wiederum in der Spitzengruppe liegen.

Bei der Antriebstechnik sei mit dem Diesel-Elektrik-Hybridantrieb ein technologischer Durchbruch gelungen. Lanz wies auch darauf hin, dass Deutschland in der Getriebe- und Kettenentwicklung nach wie vor konkurrenzlos Spitze sei. Im Bereich Waffenwirkung hätten deutsche Firmen mit der 140-Millimeter-Kanone und einzigartigen rückstoßfreien 30-Millimeter-Kanone eine Spitzenstellung.