Süddeutsche Zeitung, 26.08.2000

BND entdeckt geheime Raketenfabrik im Irak

München (AP/dpa) - Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat eine geheime Raketenfabrik im Irak geortet. In der Anlage arbeiteten 250 Techniker unter anderem an einer Kurzstreckenrakete, erklärte eine BND-Sprecherin in Pullach und bestätigte damit einen Bericht der Bild-Zeitung. Dies zeige, dass der irakische Präsident Saddam Hussein weiter fieberhaft sein Rüstungsprogramm verfolge. Die Informationen des Geheimdienstes über Rüstungspläne des Irak reichten noch weit darüber hinaus, sagte die Sprecherin. Die Anlage mit Namen "Al Mamoun Factory" besteht nach BND-Angaben aus mehreren Fabrikhallen und befindet sich in der Nähe der Hauptstadt Bagdad. Auf den exakten Standort wollte sich die Sprecherin nicht festlegen. Nach Angaben der Zeitung befindet sie sich in einem unwegsamen Gelände 40 Kilometer südwestlich von Bagdad.

Die Feststoff-Kurzstreckenrakete mit der Bezeichnung Ababil-100 habe zwar nur eine Reichweite von weniger als 150 Kilometern. Doch zeige die Produktion, dass der "irakische Wille und das Personal zur Raketenentwicklung nach wie vor vorhanden" sei, erklärte die BND-Sprecherin. Sie bestätigte außerdem, dass es Studien für irakische Raketen mit Reichweiten bis zu 3000 Kilometern gebe. Damit wäre der Irak in der Lage, Ziele in weiten Teilen Mitteleuropas zu erreichen. Nach Einschätzung des BND, so die Zeitung, besteht eine "sehr reale Gefahr, dass auch Deutschland eher früher als später in die Reichweite dieser Waffen gerät." Die Angaben über die geheime Fabrik seien Teil einer Studie über die Verbreitung von Massenvernichtungsmitteln, erklärte die Sprecherin. "Das ist seit Jahrzehnten ein wichtiges Aufklärungsfeld für uns." Der Bericht werde laufend aktualisiert. Anfang des Jahres sei eine Kurzversion der Studie veröffentlicht worden, um die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren. Die Informationen des BND gingen allerdings weit darüber hinaus. "Aber mehr können wir der Öffentlichkeit nicht darlegen", sagte sie. In der Studie heißt es unter anderem, es sei zu befürchten, dass Irak sein B-Waffenprogramm wieder aufleben lasse. Möglicherweise habe das Land noch immer einen Teil seiner in Munition abgefüllten biologischen Kampfstoffe. Außerdem strebe das Land nach wie vor den Besitz von Kernwaffen an.