junge Welt, 23.08.2000

Warum verweigert CDU Geld für Antirassismus-Projekte?

jW sprach mit Ingrid Röder, Mitarbeiterin der Aktion 3. Welt Saar

F: Sie haben einen Antrag an den Kreistag Merzig-Wadern gestellt, drei antirassistische Projekte mit 25000 Mark zu fördern. Das CDU-dominierte Gremium lehnte das ab. Mit welcher Begründung?

Die CDU hat keinerlei Begründung für die Ablehnung abgegeben. Auch auf mehrmalige Nachfrage der SPD hat sie sich nicht geäußert. Allerdings hat der CDU-Kreispolitiker Hans-Josef Louis im Vorfeld im Rundfunk eine Begründung genannt, daß die Aktion 3. Welt Saar nur im eigenen Saft schmoren würde und zu den Veranstaltungen nur Mitglieder des Vereins kämen. Das stimmt so nicht, und das weiß die CDU auch. Oft führen wir unsere Veranstaltungen gemeinsam mit anderen Vereinen wie den Landfrauenvereinen oder Kirchengemeinden durch, zu denen viele Menschen kommen, die nicht Mitglied im Verein sind. Denn wir haben keine ganze Kirchengemeinde als Mitglied und auch keinen ganzen Sportverein. Zum Beispiel läuft die Kampagne »Fußbälle ohne Kinderarbeit« in Zusammenarbeit mit Sportvereinen. Deshalb ist dieses Argument falsch. Wir können es nur so interpretieren, daß die CDU unsere antirassistische Bildungsarbeit generell ablehnt. In einem weiteren Interview hat die CDU Saar erklärt, daß es nicht Aufgabe der Aktion 3. Welt Saar sei, gegen Rechtsradikalismus zu wirken.

F: Warum haben Sie den Antrag über 25 000 Mark dann gestellt? Bestanden Hoffnungen, daß Sie das Geld bekommen?

Wir haben den Antrag im Mai gestellt. Hoffnungen bestanden, weil es im Kreistag einen Haushaltstitel für entwicklungspolitische Bildungsarbeit im Inland gibt, der über ein Budget von 25 000 DM verfügt. Für diese Gelder gab es keine anderen Bewerber mit derart großangelegten Projekten. In der Vergangenheit gab es jedoch immer wieder Probleme mit der CDU. Wir hatten mit diesem Antrag auch ein Dialog- Angebot an die CDU-Kreistagsfraktion gerichtet. Dieser wurde jedoch ignoriert.

F: Werden Sie diese Projekte nun trotzdem durchführen?

Sicherlich werden wir auf jeden Fall unseren Arbeitsschwerpunkt Antirassistische Bildungsarbeit weiter durchführen. Seit 18 Jahren arbeiten wir zentral zu diesem Thema. Allerdings werden nicht alle Maßnahmen so wie geplant stattfinden können. Deshalb werden wir zunächst einmal in einem Rundschreiben unsere Kooperationspartner, darunter Sportvereine, Kirchen, Schulen und andere, über diese Entscheidung der CDU informieren und gemeinsam beraten, was wir tun können.

F: Wie sind Äußerungen der CDU, »nun konsequent gegen Rechts vorzugehen«, in diesem Zusammenhang zu bewerten?

Wenn die CDU nach rechten Anschlägen mit Tränen in den Augen dasteht, dann würde ich das als Krokodilstränen bezeichnen. Denn die CDU im Saarland propagiert zwar öffentlich eine aktive Bürgerschaft, aber in ihrem Handeln zeigt sie einfach ihren Wunsch nach Untertanengeist und Obrigkeitsstaat. Zivilcourage gibt es für die CDU nur auf dem Papier in ihren Reden, aber nicht in ihrem Handeln. Mit diesem nun nicht bewilligten Geld hätte man ein Signal setzen können. Das ist nicht geschehen. Man muß sagen, daß eine Partei, die Schmiergelder von einem Waffenhändler erhält, natürlich so reagieren muß. Da können sie keine Gelder für antirassistische Bildungsarbeit bewilligen. Sie kann Organisationen, die sich für einen Stopp von Rüstungsexporten einsetzen, nicht unterstützen.

Interview: Marlies Witte