junge Welt, 23.08.2000

CSU liefert Nazis neue Munition

Bayern will Asylrecht abschaffen und deutsche Gebärmütter prämieren.

Von Monika Krause

Während auch Unionspolitiker in ihren Sonntagsreden noch Betroffenheit über fremdenfeindliche Gewalt vorgeben, bekennt die CSU Farbe. Der sozialpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Johannes Singhammer, forderte am Dienstag in Berlin eine »aktive evölkerungspolitik« zur Erhöhung der Geburtenrate in Deutschland und die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl. »Die Deutschen werden immer älter und es werden immer weniger.« Das demographische Problem lasse sich Singhammer zufolge aber nicht durch eine gesteigerte Zuwanderung aus dem Ausland lösen. Mehr noch: Singhammer möchte auch die gegenwärtige Zuwanderung von etwa 118 000 Menschen pro Jahr reduzieren. Eine ungesteuerte und ungebremste Zuwanderung in diesem Ausmaß würde die deutsche Bevölkerung überfordern. »Es kommen im Moment vor allem Menschen, die nicht zu uns passen. Sie gliedern sich hier nicht ein und fassen nicht Fuß«, behauptet Singhammer. »Der Grundrechtsschutz des individuellen Asylrechts darf so nicht Bestand haben.«

Die »heimliche Bevölkerungspolitik der Bundesregierung durch uwanderung« müsse ein Ende haben. Statt dem »unkontrollierten Zustrom von Asylbewerbern« fordert die CSU eine gezielte Anwerbung: »Wir müssen Menschen holen, die wir aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer Sprachkenntnisse auch benötigen.«

Um das Problem des Bevölkerungsrückganges zu lösen, setzt die CSU auf eine Steigerung der Geburtenrate im Inland. »Mehr Kinder sind nötig.« Singhammer will zwar nicht direkt das Mutterkreuz, das von der Hitler-Regierung Müttern nach der dritten Geburt verliehen wurde, wieder einführen. Man wolle vielmehr den »Reizbegriff« Bevölkerungspolitik in einem demokratischen Staat mit demokratischen Inhalten füllen. Aufgabe der Politik sei es aber, die »Zentralgruppe Familie« zu ermutigen, den vorhandenen Kinderwunsch auch zu verwirklichen. Statt dessen würden von Rot-Grün familienfremde Randgruppen wie Homosexuelle gefördert. Die CSU fordert, das Wohn-, Kinder-, und Erziehungsgeld zu einem Familiengeld zusammenzuführen.

Der Sprecher der Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl, Heiko Kauffmann, bezeichnete die Vorschläge der CSU als »mieseste Deutschtümelei unter dem Vorwand der Sozialpolitik«. Die Demagogie aus dem bayerischen Hinterwald falle ins vorletzte Jahrhundert zurück. »Hier werden auf unsägliche Weise deutsche Kinder gegen Flüchtlingskinder ausgespielt. Die Gefahr droht, daß der Diskurs wieder umschlägt, und nun, nach der Debatte zum Rechtsextremismus, die Opfer wieder einmal zum eigentlichen Problem erklärt werden«, so Kauffmann.