Frankfurter Rundschau, 18.8.2000

Propaganda zum Heß-Todestag

Rechtsextreme marschieren auf / Weithin Plakate geklebt

In mehreren Bundesländern haben Rechtsextreme den 13. Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß dazu benutzt, den Kriegsverbrecher mit zahlreichen Aktionen zu verherrlichen.

SCHWERIN, 17. August (rtr/pit). Schwerpunkt war dabei Mecklenburg-Vorpommern, wo es in der Nacht zum Donnerstag auch einen Fackelzug gab. Plakate wurden auch in Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen geklebt. Der Todestag von Heß, der sich am 17. August 1987 nach 46 Jahren Haft im Gefängnis Berlin-Spandau erhängt hatte, ist einer der Aktionstermine für die Neonazi-Szene.

Durch Rostock-Warnemünde zogen am Mittwochabend nach Polizeiangaben 60 Rechtsextreme mit Fackeln und Rufen wie "Heß, unser Führer". Landesweit wurden dem Schweriner Innenministerium zufolge Plakate geklebt und Flugblätter verteilt. Darauf wird der Tod von Heß als Mord bezeichnet. Ein für Samstag geplanter Gedenkzug in Rostock wurde verboten.

Differenzen gab es bei den Staatsanwaltschaften über das Vorgehen gegen die Plakat-Kleber. Während die Behörden in Schwerin das Plakatekleben als Ordnungswidrigkeit betrachteten, sah die Stralsunder Staatsanwaltschaft Anlass, wegen Verdachts auf die Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole Hausdurchsuchungen vorzunehmen. Dabei wurden laut Generalstaatsanwaltschaft des Landes Hakenkreuze und SS-Runen gefunden. Es habe mehrere Festnahmen gegeben. Eine Sprecherin des Innenministeriums von Mecklenburg-Vorpommern sagte, man habe im Vergleich zu den Vorjahren nicht die Erkenntnis, dass das Kleben von Heß-Plakaten zugenommen habe. Die Öffentlichkeit sei aber für das Thema sensibilisiert. "Der Blick ist geschärft", stellte auch der Sprecher der Hansestadt Stralsund, Peter Koslik, fest. Die Bürger ignorierten solche Vorkommnisse nicht, sondern wendeten sich verstärkt an die Polizei und die Behörden.

Rund 1200 Heß-Aufkleber stellte die Polizei bei einem 14-Jährigen im thüringischen Jena sicher. Vier Jugendliche in Rudolstadt wurden festgenommen, weil sie nach Polizeiangaben Heß-Aufkleber verteilt hatten. In Baden-Württemberg entfernte die Polizei laut Landesinnenministerium zehn Transparente und Plakate von Brücken und Häusern. Auch in Hessen und in niedersächsischen Städten wurden nach Behördenangaben Heß-Plakate geklebt. In Niedersachsen gab es vier Festnahmen. Einzelne Aktionen gab es auch in Nordrhein-Westfalen.