DER STANDARD (A), 16.8.2000

Prügelvorwurf: Beamte wurden freigesprochen

Salzburg - "Schwere Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen" - so lautete der Vorwurf der Salzburger Staatsanwaltschaft gegen vier Justizwachebeamte, die sich am Montag vor einem Schöffengericht zu verantworten hatten. Die vier hätten im November 1998 den in Auslieferungshaft sitzenden 38-jährigen Kurden Dogan I. "mit Verletzungsvorsatz" mehrmals geschlagen und diesem dabei neben Abschürfungen, Blutergüssen und Prellungen auch eine Trommelfellperforation zugefügt. Dogan I. ist seither auf einem Ohr taub.

Die Beamten stellten sich auf den Standpunkt, der Vater dreier Kinder habe sich die Verletzungen selbst zugefügt, um seiner Auslieferung an die türkischen Behörden zu entgehen. Sie hätten nur den Auftrag gehabt, den Häftling dem Arzt vorzuführen, da sich dieser im Hungerstreik befand.

Trotz eindeutiger Gutachten der Gerichtsmediziner, nach denen diese Version ausgeschlossen werden könne und die Verletzung "durch einen Schlag mit der flachen Hand oder durch einen schweren Schlag mit der Faust" verursacht worden sei, sprach das Gericht die Angeklagten frei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Selbst wenn Staatsanwalt Karl Fürlinger gegen das umstrittene Urteil keine Rechtsmittel ergreift, dürfte die Causa die Justiz noch länger beschäftigen. Dem Anstaltsarzt droht eine Amtshaftungsklage. Denn völlig ungeklärt ist, warum der 38-Jährige im Gefängnis keine medizinische Hilfe erhielt. Der Mann wurde erst vier Tage nach dem Vorfall, auf Initiative der zuständigen Gerichtsmedizinerin, ins Landeskrankenhaus gebracht. Der Anstaltsarzt hatte nichts unternommen.

Dogan I., Mitglied der alewitischen Minderheit und nach einer Schießerei 1989 von der Türkei nach Österreich geflüchtet, hat zwar sein Gehör verloren, seine Anwälte konnten aber seine Auslieferung verhindern. Die Auslieferungshaft war verhängt worden, obwohl das Asylverfahren zu diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossen war.