Frankfurter Rundschau, 16.8.2000

Türkei ein Jahr nach dem Beben

Schlampige Baufirmen erhalten neue Aufträge

ISTANBUL, 15. August (afp). Zwei türkische Baufirmen, deren Gebäude bei dem schweren Erdbeben im Nordwesten des Landes vor einem Jahr eingestürzt waren, erhalten nach einem Zeitungsbericht neue Bauaufträge im Erdbebengebiet. Die Unternehmen Ceylan und Yüksel sollten insgesamt mehr als 9000 Wohnungen neu bauen, berichtete die liberale Zeitung Milliyet am Dienstag. Die Angehörigen der rund 400 Menschen, die in den von den Firmen errichteten Häusern in der Stadt Yalova beim Erdbeben den Tod fanden, seien von der Entscheidung der Behörden schockiert.

Milliyet zufolge führen die Familienangehörigen der Todesopfer Schadenersatzprozesse gegen die Unternehmen, wegen der angeblich schlampigen Bauweise. Bei dem Erdbeben am 17. August vergangenen Jahres waren viele Wohngebäude in der Marmara-Region eingestürzt, weil sie mit minderwertigem Material oder ohne die nötigen statischen Berechnungen errichtet wurden. Bisher ist noch kein Verantwortlicher dafür zur Rechenschaft gezogen worden. Bei dem Beben starben nach offiziellen Angaben knapp 17 000 Menschen; nach Schätzungen regierungsunabhängiger Organisationen liegt die Zahl der Toten und Vermissten bei mehr als 40 000.