Der Standart (A), 14.8.2000

Sinnloser Kleinkrieg

Gudrun Harrer

Selten kommt er in die Schlagzeilen, der Kleinkrieg, der sich im Norden und im Süden des Irak seit gut eineinhalb Jahren abspielt. Regelmäßig, manchmal täglich, kriegt die irakische Bevölkerung nördlich des 36. und südlich des 33. Breitengrades, zu deren Schutz doch angeblich die Flugverbotszonen nach dem Ende des Golfkriegs von den alliierten Streitkräften eingerichtet wurden, von ihren Schutzherren eine aufs Dach. Und obwohl doch angeblich immer nur auf militärische Stellungen geschossen wird, kommen immer wieder Zivilisten ums Leben - und ihre zerfetzten Leichen und ihre zerbombten Häuser als Propagandatrümpfe Saddams in die Medien.

Die Geschichte der Flugverbotszonen war von Anfang an unrühmlich. Erst als Saddam Hussein 1991 die Aufstände der Kurden und der Schiiten längst blutig niedergeschlagen hatte, beschnitten die Alliierten seine Lufthoheit, zuerst im Norden, Monate danach im Süden des Landes. Gute Idee, aber für Tausende zu spät. Ein weiterer Schönheitsfehler war, dass die "No fly"-Zonen ohne UNO-Mandat eingerichtet wurden: Sie kommen in den nach dem Golfkrieg verabschiedeten, den Irak betreffenden Sicherheitsratsresolutionen nirgends vor. Dieser Umstand ist rechtlich durchaus bedenklich, denn immerhin beteuern die Resolutionen wortreich die irakische Souveränität.

Genauso unsauber lief die Erweiterung der südlichen Flugverbotszone 1996 vom 32. auf den 33. Breitengrad, ganz nah an Bagdad heran, ab: Dass dies von Briten und Amerikanern (die Franzosen stiegen zu jenem Zeitpunkt aus) damit begründet wurde, dass Saddam soeben im Norden (sic!) interveniert hatte, ist auch nicht gerade ein Zeugnis für die politische Lauterkeit des Erfinders. Der Plan dahinter war allerdings klar: Saddam sollte zu einer Art Provinzhäuptling von Bagdad reduziert werden, es war immerhin die Zeit, als alle möglichen Interventionsszenarien durchdacht wurden.

Jedenfalls erkannten die Iraker bis Ende 1998 das Flugverbot de facto an; seitdem werden die patrouillierenden Amerikaner und Briten beschossen, wobei Experten glaubhaft versichern, dass die Kampfjets viel zu hoch fliegen, um durch das irakische Feuer gefährdet zu sein. Aber beide Seiten ziehen ihr tägliches Ritual durch, "Kollateralschäden" sind "leider unvermeidlich". Der höhere Sinn, der die Toten, die enormen Kosten - und die Gelegenheit für das irakische Regime, den Hass auf den Westen zu schüren - rechtfertigt, entzieht sich dem Beobachter.