Kölner Stadtanzeiger, 9.8.2000

Hunderte aus Seenot gerettet

Tote bei Flüchtlingsdrama in Italien

Bari/Reggio Calabria (dpa) - Bei einem neuen Flüchtlingsdrama in Italien sind am Dienstag mindestens zwei Menschen ums Leben gekommen. Wie die Behörden mitteilten, mussten etwa 30 Bootsflüchtlinge auf Drängen der Schleuser in die aufgewühlte Adria springen.

Zwei Asiatinnen seien ertrunken, ein etwa 20 Jahre alter Mann in letzter Minute geborgen worden. Nach zwei weiteren Vermissten wurde am Mittag noch gesucht. Vor der Südküste Italiens retteten Sicherheitskräfte unterdessen Hunderte von weiteren Bootsflüchtlingen aus Seenot.

Nach den Ermittlungen sind die Schlepper für den Tod der zwei Frauen verantwortlich. Die Bootsführer hätten die Insassen gezwungen, über Bord zu gehen und an Land zu schwimmen.

Mit solchen riskanten Aktionen versuchen Schleuser immer wieder, der italienischen Küstenwache zu entkommen. Die Leichen seien auf den Klippen nördlich von Bari gefunden worden. Augenzeugen berichteten, weitere zwei Insassen hätten nicht das Ufer erreicht.

Zuvor war es bereits in einem anderen Küstenabschnitt zu einem dramatischen Zwischenfall gekommen. Etwa 300 Menschen drohten auf zwei führerlosen und altersschwachen Schiffen unterzugehen. Die Rettungsaktion sei nach einem SOS-Funkspruch angelaufen. Von den Schleppern fehlte jede Spur. Bei den Immigranten handele es sich zumeist um Kurden.

Die Schiffe sind nach Angaben der Flüchtlinge in der Türkei in See gestochen. Die Bootsführer seien in internationalen Gewässern geflüchtet und hätten die Insassen ihrem Schicksal überlassen.

Für die Überfahrt mussten die Immigranten eigenen Angaben zufolge zwischen 6 000 und 7 000 Mark bezahlen. Wegen der miserablen Zustände an Bord seien viele krank geworden. Unter den Flüchtlingen waren nach Angaben der Behörden rund 70 Frauen und Kinder.