Frankfurter Rundschau, 8.8.2000

PKK entschuldigt sich bei Geiseln

Eineinhalb Jahre nach den schweren Protestaktionen der PKK anlässlich der Festnahme ihres Führers Abdullah Öcalan hat am Montag vor dem Landgericht der Prozess um Besetzung und Geiselnahme im Kenianischen Reisebüro begonnen.

Angeklagte vor der Staatsschutzkammer sind zwei Kurden, 35 und 40 Jahre alt. Außer Mitgliedschaft in der verbotenen PKK wird ihnen erpresserische Geiselnahme, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung vorgeworfen. Laut Anklage sollen sie am 16. Februar 1999 fünf Mitarbeiter des Reisebüros bei dessen Besetzung als Geiseln genommen haben. Bedrohlich soll die PKK-Aktion vor allem für die Chefin des Reisebüros gewesen sein. Laut Anklage wurde sie im vierten Stock des Gebäudes von Besetzern ans Fenster gebracht, wo man mit ihrem Rauswurf drohte, falls unten auf der Straße Demonstranten verprügelt und das Reisebüro zwangsgeräumt werde.

Damit die Lage nicht weiter eskalierte, hatte der Europa-Abgeordnete der Grünen, Daniel Cohn-Bendit, sich als Vermittler eingeschaltet. In Verhandlungen mit Polizei und Besetzern erreichte er, dass sowohl das Reisebüro wie auch das ebenfalls besetzte Griechische Generalkonsulat von den Demonstranten geräumt wurde, ohne dass es zum spektakulären Polizei-Einsatz und zu Festnahmen kam. Straffreiheit bedeutete dies für die Besetzer aber nicht. Gestützt auf Videoaufnahmen der Polizei erhob die Staatsanwaltschaft Dutzende von Anklagen.

Wegen des Kenia-Komplexes sind zwei Jugendliche inzwischen verurteilt worden. Während der eine vom Amtsgericht Gelnhausen Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten erhielt, kam der andere beim Marburger Amtsgericht mit einer Weisung davon. Zum Auftakt des Frankfurter Prozesses bestritten die beiden Angeklagten nicht, dass sie an der Besetzung des Kenia-Büros beteiligt waren. Dabei sei es ihnen wie Cohn-Bendit darum gegangen, die Lage zu beruhigen. Vom vierten Stock aus habe die Chefin des Reisebüros sowohl Polizeibeamte als auch Demonstranten zur Besonnenheit ermahnen sollen. Da die Frau nun mal nicht sehr groß sei, habe man sie am Fenster "angehoben", damit sie von der Straße aus zu sehen war.

Soweit die Geiseln bei der Aktion Angst hatten, entschuldigten die Angeklagten sich dafür ausdrücklich. Der 40-Jährige erklärte, er sei nicht PKK-Mitglied, sondern Küchenhelfer im Kurdischen Verein gewesen. Der Jüngere dagegen hatte im Asylverfahren darauf hingewiesen, dass er wegen PKK-Aktivitäten in der Türkei verhaftet und auch gefoltert worden sei. Lepp