Badische Zeitung, 7.8.2000

Hessens Ministerpräsident besteht auf Veränderung des Asylrechts / Kritik aus Thüringen

Union ist uneins über Einwanderung

HAMBURG (dpa). In der Union bahnt sich ein Streit über ein neues Einwanderungsrecht an. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) will in eine Einwanderungsquote auch das Asylrecht einbeziehen. Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) sprach sich dagegen für die Beibehaltung des individuellen Grundrechts auf Asyl aus.

Der hessische Regierungschef Koch warnte am Wochenende davor, Rechtsextremisten durch das Aufstellen "falscher Tabus" Sympathisanten zuzutreiben. Es müsse eine Grenze benannt werden, "innerhalb der wir Zuwanderung verkraften können." Wer das sage, sei kein Rechtsradikaler. Einen parteiübergreifenden Konsens über ein Einwanderungsrecht hielt Koch für nicht denkbar. "Die Positionen gehen zu weit auseinander.

Vogel dagegen erwartet, dass ein Einwanderungsgesetz zu einem Rückgang der Fremdenfeindlichkeit führen könnte: "Es gibt eine Ausländerfeindlichkeit, die mit Extremismus von Rechts nichts zu tun hat, sondern die die Frucht ungeklärter Verhältnisse ist." Es müsse eine vernünftige Regelung gefunden werden, wie Ausländer, die wir brauchten, bei uns heimisch werden könnten. Es werde viel zu häufig vergessen, dass die erste Initiative für den Zuzug von Ausländern von Deutschen ausgegangen sei. Auch in Zukunft werde man wegen des Bevölkerungsrückgangs auf Ausländer angewiesen sein.

Auch über die Art der Asylverfahren gibt es innerhalb der Union unterschiedliche Meinungen. Der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Wolfgang Zeitlmann, forderte, dass es für die Überprüfung der Verfahren nur noch eine Instanz geben sollte. Deutschland ziehe mit seinem übermäßig komplizierten Verfahren zu viele unberechtigte Asylbewerber an. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach (CDU), meinte indes, neben dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge müsse es auf jeden Fall noch weitere Instanzen geben, die die Entscheidung der Behörde überprüfen könnten.

Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne) warnte vor einer neuen Asyldebatte. Die Union dürfe damit "den rechten Sumpf nicht weiter vertiefen." Ein Bundestagswahlkampf, in dem nicht über Einwanderung, sondern über Asyl gesprochen werden, bedeute "Wasser auf die rechtsradikalen Mühlen.