Kölner Stadtanzeiger, 6.8.2000

SEK-Einsatz

Nicht eine Waffe kam ans Licht

Überreagiert?

ev Bonn/Meckenheim - Der 67 Jahre alte iranische Kurde Ali Ghazi wirft einem Sondereinsatzkommando der Bonner Polizei vor, am frühen Morgen des 27. Juli seine Wohnung in Meckenheim ohne Vorwarnung überfallen und zertrümmert zu haben. Dabei sei ein Schaden von über 30 000 Mark entstanden, sagte er der dpa in Köln. Seine Familie sei von vermummten Polizisten beschimpft und brutal gestoßen worden.

Der Durchsuchungsbeschluss, das bestätigte ein Sprecher der Polizei gestern, sei zuvor vom Amtsgericht Bonn mit Hinweis auf einen möglichen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz gefällt worden. Es bestehe der Verdacht, so die Begründung, dass sich in der Wohnung zwei amerikanische Schnellfeuergewehre und ein tragbares Abschussgerät für Granaten befinden.

Genau das sei der Grund gewesen, so Polizeisprecher Markus Tölle, dass man zur Durchsuchung ein Sondereinsatzkommando bemüht habe. Die Polizei sei hier ausschließlich ein ausführendes Organ, hatte also in diesem Fall den Auftrag, die Waffen sicher zu stellen. Eine Maßnahme, die "schnellstens, ohne Reaktionsmöglichkeit der Betroffenen" erledigt werden müsse, um das Leben der Beamten zu schützen. Die Polizisten hätten also die Türen zur Wohnung "mit einem Riesenradau" (um die Leute in der Wohnung zunächst zu schockieren) zerstört. Laut Tölle habe das SEK zuvor jedoch noch eine zahmere Methode versucht. Demnach wird "unmittelbar" vor dem Einsatz in der betreffenden Wohnung angerufen und dem Verdächtigen die Möglichkeit gegeben, "sofort" vor die Tür zu treten.

Zwei Anrufversuche hätten jedoch nicht zum Erfolg geführt, da keine der anwesenden Personen in der Wohnung ans Telefon gegangen war. Tölle bestätigte auch die Aussage von Gahzi, Sohn eines berühmten Kurdenführers namens Mohammed Ghazi, dass in der Wohnung letztlich keine Waffen gefunden worden seien. Trotzdem sei aus Sicht der Polizei die Wahl der Mittel in diesem Fall "nicht zu beanstanden". Ein Schadensersatz müsse, wenn der Durchsuchungsbefehl sich als unrechtmäßig erweise, gezahlt werden.