web de 05.08.2000 01:17

Arafats Kabinett für baldige Ausrufung eines eigenen Staates

USA bemühen sich um neue Nahost-Gespräche noch im August

Jerusalem (AP)Die palästinensische Führung will bis spätestens 13. September einen eigenen Staat auszurufen. Hauptstadt des palästinensischen Staates werde Jerusalem sein, heißt es in einer Erklärung, die das Kabinett von Präsident Jassir Arafat am Freitagabend nach einer Sitzung in Gaza veröffentlichte. Die Ausrufung eines palästinensischen Staates ohne ein zuvor ausgehandeltes Friedensabkommen könnte die Spannungen in der Region erheblich verschärfen. Israel hat angedeutet, in diesem Fall Teile des Westjordanlandes und des Gazastreifens zu annektieren.

Unterdessen bemühen sich die USA nach dem Scheitern des Nahost-Gipfels von Camp David intensiv darum, noch vor dem 13. September eine neue Gesprächsrunde zwischen Israelis und Palästinensern zusammenzubringen. US-Chefvermittler Dennis Ross will sich vermutlich in der zweiten Augusthälfte neu einschalten - wenige Wochen vor dem Datum, das sich Israelis und Palästinenser als Frist für ein Friedensabkommen gesetzt haben. Der US-Sondergesandte Edward Walker besucht derzeit bereits 14 arabische Staaten, um einen möglichen Kompromiss zu erarbeiten. Der Gipfel im Juli war vor allem wegen des Streits um die Hoheit über die Altstadt Jerusalems abgebrochen worden.

Ein baldiges Friedensabkommen würde den innenpolitisch stark unter Druck geratenen israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak stärken. Umfragen zufolge brächte es ihm gute Siegeschancen bei möglichen vorgezogenen Neuwahlen. Mit einem Vertrag in der Tasche würde Barak nach einer am Freitag in der israelischen Tageszeitung «Maariv» veröffentlichten Umfrage Vorgänger Benjamin Netanjahu mit 45 zu 41 Prozent schlagen, der mit öffentlichen Auftritten Spekulationen über eine Rückkehr in die Politik angefacht hatte. Gegen den derzeitigen Führer des oppositionellen Likud-Blocks, Ariel Scharon, könnte sich Barak sogar mit 44 zu 35 Prozent durchsetzen.

Ohne ein Abkommen jedoch würde Barak gegen Netanjahu verlieren, wie eine Umfrage der «Jediot Ahronot» nahe legt. Das israelische Parlament hatte am Mittwoch einen Antrag der Opposition auf vorgezogene Neuwahlen angenommen. Eine Entscheidung fällt erst nach der Sommerpause.