taz 3.8.2000

Prozess gegen Kurden

Vier Kurden aus der Türkei stehen vor Gericht.

Sie sollen im Auftrag der PKK gemordet haben.

aus Bremen EVA RHODE

Ohne Zwischenfälle hat gestern in Bremen unter größten Sicherheitsbedingungen ein Prozess gegen vier Kurden aus der Türkei begonnen. Die vier Männer müssen sich vor dem Landgericht wegen Doppelmordes an einem jungen kurdischen Paar aus Bremen verantworten. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass die PKK das junge Paar aus parteiinternen Gründen ermorden ließ.

Der grausame Mord hatte im August 1999 bundesweit Schlagzeilen gemacht. Am 24. August hatte ein Motorradfahrer Ayse Dizim (18) und Serif Alpsozman (23) zufällig an einem abseits gelegenen ehemaligen U-Boot-Bunker im Norden Bremens tot aufgefunden. Ayse Dizim war langsam erstickt, nachdem sie zuvor gewürgt und dann in den Weserschlamm geworfen worden war.

Auch der Mord an ihrem querschnittsgelähmten Freund zeichnete sich durch besondere Brutalität aus. Der junge Mann, der unter Bremer Kurden als "Märtyrer" galt, nachdem er im Kampf mit der türkischen Armee verletzt worden war, war offenbar ebenfalls unter größten Qualen gestorben. Seine Mörder hatten ihn erst mit einem Auto überrollt und dann mit einem Werkzeug mehrfach auf den Kopf geschlagen.

Drei der Angeklagten sind darum jetzt des gemeinschaftlich begangenen, grausamen Mordes angeklagt, ein Vierter der Mittäterschaft. Er soll die Tötung der 18-Jährigen und des 23-Jährigen "bestimmt haben". Den 33-jährigen Mehmet E. hält die Anklage für einen Vertreter der in Deutschland verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, in deren Auftrag der Mord "aus niederen Beweggründen" erfolgt sei. Er sitzt seit Januar dieses Jahres in Untersuchungshaft.

Der Verteidiger des Angeklagten betonte dagegen gestern vor Gericht, sein Mandant sei unschuldig. Auch entspreche das Tatbild nicht "dem von der Anklage gezeichneten Paradigma" von der PKK als einer Organisation, die für ideologisch begründete Gewalttaten verantwortlich sei. Zwei der anderen Angeklagten sollen ihre Tatbeteiligung zugegeben haben. Als unklar gilt bislang, wie sie in der Tatnacht handelten. Bislang sollen sie sich gegenseitig schwer belasten.

Die drei jetzt des Mordes angeklagten Männer waren wenige Tage nach der Tat festgenommen worden. Zur Festnahme des vierten Angeklagten, Mehmet E., führten erst längere Ermittlungen im Bremer PKK-Umfeld. Diese sollen ergeben haben, dass sich ein für "Disziplinarfragen" zuständiger Mann der PKK im Vorfeld des Mordes in Bremen aufgehalten haben soll. Er habe sich mit einigen der Angeklagten am Tag vor der Mordnacht in dem von der Polizei observierten, kurdischen Vereins-Treffpunkt "Mesopotamisches Volkshaus" besprochen. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass die PKK das Paar aus Gründen der Disziplinierung ermorden ließ. Denn die beiden hatten ihre Beziehung, die sie gegen den Willen ihrer Eltern eingegangen waren, über Parteivorhaben gestellt. Dies habe geahndet werden sollen, so die Staatsanwaltschaft.

Das "Kurdistan-Informations-Zentrum" (kiz) und die "Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland" (Yek-Kom) haben gestern zu dem Prozess Stellung genommen. So wies die vom Verfassungsschutz beobachtete Yek-Kom darauf hin, dass sich die Europa-Organisation der PKK, die ERNK, von der Tat distanziert habe. Auch das vom Verfassungsschutz als PKK-nah eingestufte kiz erklärte, "dass unsere Partei mit diesem Mord in keinerlei Verbindung steht."