junge Welt, 1.08.2000

Rechtsruck bei Polizei

Ausländerfeindlichkeit unter Beamten nimmt zu

Eine zunehmende latente Ausländerfeindlichkeit unter Polizisten ist nach Ansicht des Bundesverbandes Kritischer Polizisten in den vergangenen Jahren festzustellen. Zwar stehe die »große Mehrheit der Beamten fest auf dem Boden des Grundgesetzes«, so die Sprecherin des Verbandes, Bianca Müller, am Montag in Berlin. Doch die Anzahl der Kollegen, die im Dienst durch rechtsradikale Äußerungen auffielen, sei gestiegen.

Nach ihrer Einschätzung vertreten in deutschen Großstädten mit einem hohen Ausländeranteil rund 15 Prozent der Polizisten »mehr oder weniger rechtes Gedankengut«. Davon hätten etwa fünf Prozent der Polizisten »festgefügte rechtsextreme Auffassungen«. Zu den anderen zehn Prozent gehörten auch viele Mitläufer. »Wir sehen mit Erschrecken einen Werteverfall der Gesellschaft, der auch bis in die Polizei hinein reicht.« Gegen diese Tendenzen gehe die Polizeispitze jedoch »nur halbherzig« vor, kritisierte Müller.

Sie forderte »mehr Sensibilisierung zum Respekt vor anderen Menschen, vor allem auch mit anderer Hautfarbe«. Fremdenfeindliche Äußerungen dürften nirgends in der Polizei geduldet werden. Müller forderte zugleich die Justiz auf, schneller auf ausländerfeindliche Angriffe zu reagieren. Die Strafe müsse auf dem Fuß folgen, damit diese Rechtsradikalen »die Macht des Staates unverzüglich und ohne Pardon spürten«.

(ddp/jW)