Frankfurter Rundschau, 1.8.2000

Justiz nimmt Rechte in Haft

Däubler-Gmelin warnt vor "braunem Terrorismus"

Nach dem Überfall auf zwei Afrikaner in Eisenach hat das dortige Amtsgericht Haftbefehle gegen drei Tatverdächtige erlassen. Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) warnte vor der Gefahr eines "braunen Terrorismus".

FRANKFURT A.M., 31. Juli (dpa/afp). Gegen zwei Bayern und einen Thüringer sei nach den gewalttätigen Attacken auf zwei Asylbewerber in Eisenach Haftbefehl ergangen, sagte ein Sprecher des Eisenacher Amtsgerichtes am Montag. Ein weiterer 17-Jähriger aus Bayern werde in einer Jugendeinrichtung untergebracht. Die drei anderen seien 19 Jahre alt. Ihnen werde gefährliche Körperverletzung, Volksverhetzung und Beleidigung vorgeworfen. Zwei der Verdächtigen hätten die Tat gestanden, zwei bei den Vernehmungen geschwiegen. Zwei Asylbewerber aus Togo und Sudan waren am Samstagabend in Eisenach von rechtsextremen Jugendlichen beschimpft, getreten und durch die Stadt gejagt worden, bis die Polizei einschritt. Die mutmaßlichen Täter waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft der Polizei bereits bekannt.

Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin kritisierte in der ARD das Verhalten von Augenzeugen, die nicht eingreifen, wenn Ausländer von Rechtsextremen angegriffen werden. Als Beispiel nannte sie den Angriff in Eisenach. "Justiz und Politik jedenfalls denken gar nicht daran, wegzugucken", hob sie hervor.

Die Staatssekretäre der Bundesministerien für Inneres, Justiz sowie Familie und Jugend kommen am heutigen Dienstag in Berlin zu einer Sonderkonferenz zusammen, um Aktivitäten gegen den Rechtsextremismus zu erörtern. Der Parteichef der Grünen, Fritz Kuhn, forderte eine Sondersitzung der Innenminister von Bund und Ländern. Die bisherige Passivität sei völlig unangemessen, kritisierte Kuhn.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) warnte vor negativen Auswirkungen des Rechtsextremismus auf den Wirtschaftsstandort. Inzwischen seien viele Unternehmen nicht mehr bereit, sich in Ostdeutschland zu engagieren, weil sie ihren Mitarbeitern die dort herrschende Form von Gewalt nicht zumuten wollten, sagte Trittin Südwestrundfunk.

Vier Tage nach dem Düsseldorfer Bombenanschlag warnte die Polizei davor, sich voreilig auf einen möglichen rechtsradikalen Hintergrund der Tat zu konzentrieren. "Dadurch könnten wertvolle Hinweise aus der Bevölkerung verloren gehen", sagte ein Polizeisprecher. Bei dem Anschlag waren zehn Menschen aus Osteuropa, zumeist jüdischen Glaubens, durch Bombensplitter verletzt worden.

Nach einer anonymen Drohung mit "rechtem Terror" wurde ein Berliner Polizeibeamter vom Dienst suspendiert worden. Der 30-jährige Polizeiobermeister wird verdächtigt, wenige Stunden nach dem Anschlag in Düsseldorf mit Anschlägen gedroht zu haben, teilte die Polizei mit. Bei einer Hausdurchsuchung seien bei ihm Tonträger mit rechtsextremen Inhalten sichergestellt worden. Der Beamte bestreitet die Tat und ist auf freiem Fuß.