Berner Zeitung (CH), 31.7.2000

Gelesen

Wenn der Krieg stinkt

*Susanne Schanda

Was haben Kurdistan und das Kosovo gemeinsam? Der Südosteuropa-Korrespondent Werner van Gent bringt in seinem Buch «Der Geruch des Grauens» zwei Kriegsschauplätze der neunziger Jahre zusammen, in die sich der Westen im Namen der Menschenrechte eingemischt hat - mit Bomben. Aus der Vogelperspektive der überlegenen Westmächte ergab sich dabei die Illusion vom «sauberen Krieg», von den «menschlichen, weil präzisen Bomben». Wie es dagegen aus der Nähe aussieht und wie es riecht, am Boden bei den Opfern, das hat Werner van Gent als Berichterstatter während Jahren beobachtet. Als Grenzgänger bewegt sich der Autor im Niemandsland zwischen dem Irak und der Türkei einerseits und zwischen Kosovo und Mazedonien andrerseits, wo sich zahlreiche Flüchtlinge verzweifelt zu retten versuchen. So verwandelte sich der Grenzübergang Blace im Winter 1999 von einer gewöhnlichen Zollstation zu einem Zwischenlager ohne sanitäre Einrichtungen, Trinkwasser und Essen, und schliesslich - nach der Räumung - in einen qualmenden Abfallhaufen. Werner van Gent steht in seinen Berichten auf jenem Boden der Realität, wo die Flüchtlinge in Zelten frieren, hungern und sterben. Er schaut dort hin, wo das Grauen zum Himmel stinkt ,und vermittelt so eine Dimension des Kriegs, die in den TV-Bildern fehlt. Gerade aus dieser Nahsicht entwickelt er sein Plädoyer gegen den Krieg, der immer ein grausamer ist, auch in seiner so genannten «humanitären» Variante: «Man muss den Krieg denken, damit er nicht stattfindet.» Das gilt für Kosovo, Kurdistan und alle anderen potenziellen Kriegsschauplätze.* Werner van Gent: Der Geruch des Grauens. Die humanitären Kriege in Kurdistan und im Kosovo. Rotpunkt, 219 S. Fr. 34.-