junge Welt, 19.07.2000

PKK bezeichnet Vorwürfe als haltlos

jW dokumentiert: Erklärung des Präsidialrates

Im folgenden dokumentiert junge Welt leicht gekürzt die Erklärung des Präsidialrates der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu den Vorwürfen, im Nordirak oppositionelle Parteimitglieder gefangenzuhalten (siehe jW vom 12. und 15. 7. 2000). Die Erklärung ist vollständig nachzulesen im Internet: www.nadir.org/isku.

Mit dem Ziel, unsere Partei zu zerstören und die kurdische nationale demokratische Bewegung unter Druck zu setzen, haben in der letzten Zeit die an dem internationalen Komplott beteiligten Kräfte ihre Angriffe gegen unsere Partei und unser patriotisches Volk verstärkt.

In diesem Rahmen wurde in der Türkei und in Südkurdistan systematisch gegen kurdische Organisationen, allen voran die HADEP, gegen Zeitungen, Vereine, Kultureinrichtungen vorgegangen. Zusammen mit der KDP und der PUK setzt die türkische Armee ihre seit April andauernde Militäroperation gegen unsere Volksverteidigungskräfte im Norden und Süden Kurdistans fort. In diesem Zusammenhang kam es in der letzten Woche in den Gebieten Gare, Haftanin, Metina, Oramar und Qalatuka zu Gefechten. Wie wir beobachten mußten, nahm parallel dazu die staatliche Repression gegen kurdische Einrichtungen und Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland zu. (...)

Während die Repression durch Militär und Polizei andauert, bleiben auch die Propagandaorgane der Beteiligten am internationalen Komplott nicht untätig. Sowohl in der Türkei als auch in Europa verbreiten Presseorgane und Nachrichtenagenturen gegenstandslose Nachrichten über unsere Partei. In diesen Falschmeldungen wird behauptet, daß seit dem 7. Parteikongreß Hunderte von Guerillakämpfern getötet worden seien, unsere Partei sich gespalten hätte, unzählige Personen die Partei verlassen hätten, andere wiederum von der Partei inhaftiert und verurteilt worden seien.

In den genannten Berichten wird behauptet, daß es sich bei den Betroffenen hauptsächlich um Frauen handele. Es wird sogar versucht, eine Brücke zu unserem in Imrali inhaftierten Vorsitzenden zu schlagen, in dem man diese verlogenen Erklärungen mit seinem Namen in Verbindung bringt.

Im Zusammenhang betrachtet wird deutlich, daß unsere Partei und die nationale demokratische Bewegung einem umfassenden Angriff ausgesetzt sind. Das internationale Komplott, welches mit der Verschwörung vom 9. 10. 1998 seinen Anfang nahm, richtet sich nunmehr gegen unsere Parteiführung und unsere bewaffneten Kräfte. Mit dem erneuten Washingtoner Gipfeltreffen zwischen KDP und PUK sowie dem zeitgleichen Druck auf den Iran wurde die Verbindung zwischen den Ereignissen deutlich. Die Kräfte des internationalen Komplotts, die Kriegsgewinnler sowie die Banden sind wieder in Aktion. Sie zielen darauf ab, die Bemühungen für Frieden und die demokratische Phase zu sabotieren. Aus diesem Grund rufen wir alle Unterstützer von Frieden und Demokratie auf, dieser Situation gegenüber aufmerksam zu sein und warnen vor verspätetem Handeln.

Daß unsere Partei sich an den von ihr erklärten Waffenstillstand hält und unsere Guerillaeinheiten keine Angriffe durchführen, sondern sich im gegebenen Falle lediglich verteidigen, ist bekannt. (...)

Es ist uns bekannt, daß sich am 19. Mai unter der Führung von Süleyman und Zeki eine Gruppe von zwanzig Personen, darunter vier Frauen, von der Partei abgesetzt hat. Diese befinden sich mittlerweile bei der PUK. Es ist uns bewußt, daß diese Gruppe von defätistischen und zersetzenden Kräften sich als Handlanger des internationalen Komplotts unter uns befand. Dies hatten wir schon in früheren Erklärungen erwähnt. Jetzt versuchen jene Banden, die Gegner außer- und innerhalb der PKK, sich an Lügen festzuklammern und einen Sturm im Wasserglas zu entfachen. Damit bezwecken sie die innere Einheit der Partei zu erschüttern. (...)

Auf der anderen Seite wird versucht, diese Vorfälle mit unserem auf Imrali unter schweren Lebensbedingungen gefangengehaltenen Vorsitzenden in Verbindung zu bringen. Dies ist ein Vorgehen, was weder auf moralischer Ebene vertretbar ist, noch eine angemessene Vorgehensweise darstellt. Behauptungen wie die von der Existenz von tiefgreifenden Differenzen innerhalb unserer Partei oder die von Festnahme und Bestrafung von vielen Kämpfern sind fern jeglicher Realität. Es ist kein Zufall, daß einige unserer Genossen, welche angeblich festgenommen worden sein sollen, Mitglieder von bekannten kurdischen Familien sind. Dies zeigt auf, mit welchen Methoden die psychologische Kriegsführung arbeitet und welcher Mittel sie sich bedient.

Wir sind eine weltoffene Partei, in der sämtliche Diskussionen und Arbeiten in einem offenen Rahmen durchgeführt werden. Alle Mitglieder unserer Partei, auch die in den Meldungen namentlich genannten, wissen sehr genau, daß diese Propaganda und Angriffe auf die Zerstörung der Einheit unserer Partei abzielen. Diesen Angriffen gegenüber verspüren sie einen großen Zorn. Die Spekulationen über die Befindlichkeit der weiblichen Mitglieder unserer Partei sind gegenstandsloser Art. Unsere Genossinnen haben zu jeder Zeit gezeigt, daß sie eine treu mit unserer Partei und Führung verbundene Gemeinschaft sind. Dies haben sie in zahlreichen Aktionen und mit ihrem emanzipatorischen Auftreten mehrmals bewiesen.

Wir rufen nochmals die Öffentlichkeit dazu auf, ihre Aufmerksamkeit auf die Angriffe gegen unsere Partei zu richten und sich nicht selbst zum Werkzeug des internationalen Komplottes zu machen. (...)

Präsidialrat der PKK, 14. Juli 2000