Neue Zürcher Zeitung (CH), 17.07.2000

Neue Mörserangriffe in Teheran

Urhebererklärung der Volksmujahedin

vk. Limassol, 16. Juli

Am späten Samstagabend hat die offizielle iranische Agentur Irna über mehrere Explosionen in Nordteheran, in der Nähe des Geheimdienstministeriums, berichtet. Die Exilopposition Volksmujahedin bekannte sich in einem Communiqué aus Bagdad zur Tat. Sie erklärte sie als einen Angriff mit zwanzig Mörsergranaten auf den Hauptsitz des Geheimdienstes, wobei zahlreiche Agenten und mehrere Anlagen zu Schaden gekommen seien. Ein Sprecher des betroffenen Ministeriums bestritt hingegen, dass es Opfer gegeben habe. Polizisten und Basij-Freiwillige riegelten die betreffende Gegend sofort ab und verwehrten auch Journalisten den Zutritt. Ausführlichere Angaben der iranischen Behörden gab es bis Sonntagabend nicht.

Die Volksmujahedin setzten sich ungeladen in den Zug der iranischen Reformerbewegung, indem sie ihren Angriff als Protest gegen die gewaltsame Unterdrückung von Studentenkundgebungen vor einer Woche ausgaben. Jene Demonstrationen galten dem Jahrestag der blutigen Studentenunruhen vom Juli 1999 in Teheran; die Basij-Freiwilligen und die radikalen Hizbullah-Aktivisten hatten wie schon im Vorjahr die friedliche Kundgebung brutal angegriffen und in einer regelrechten Treibjagd zerstreut. Mindestens zehn Personen erlitten Verletzungen. Besonderen Zündstoff lieferte das Urteil eines Teheraner Gerichts vom 11. Juli zu den Unruhen vom vergangenen Sommer, in dem der Kommandant der Sicherheitskräfte und siebzehn Untergebene von jeglichem Verschulden freigesprochen wurden. Jene Kundgebungen hatten einen bedrohlichen Charakter angenommen, als Einheiten der Polizei und Hizbullah-Schlägertrupps ein Studentenwohnheim in Teheran brutal stürmten und weitgehend zerstörten. Sogar der konservative Revolutionsführer Khamenei hatte damals die Studenten deutlich in Schutz genommen und Bestrafung der Fehlbaren verlangt.

Opportunismus der Exilopposition
Die Exilopposition hatte aber mit alledem sehr wenig zu tun, und ihre heutige Solidarität riecht nach Opportunismus. Die Volksmujahedin taten sich dieses Jahr bereits im Februar, März und Mai mit Mörserangriffen auf Regierungsgebäude mitten in Teheran hervor, wobei mindestens eine Person umkam und mehrere verletzt wurden. In einer Art Stellvertreterkrieg übten jeweils proiranische Gruppen Vergeltung mit blutigen Raketenangriffen in Bagdad.