Badische Zeitung, 14.07.2000

Grünen-Eilantrag abgelehnt
Kurdenproblem: Lais pocht auf Paragraphen

ZELL IM WIESENTAL (see). Grünen-Stadtrat Martin Wehrle wollte die Tagesordnung der jüngsten Gemeinderatssitzung um einen Punkt erweitert wissen, deshalb stellte er einen Eilantrag.

Doch Bürgermeister Lais lehnte mit ausdrücklichem Hinweis auf die "Geschäftsordnung, Paragraph 13, Absatz 4" ab. Dieser Paragraph besagt, dass Eilanträge nur zulässig sind, wenn für die Gemeinde ein Notfall vorliegt. Was lag in diesem Fall vor? Martin Wehrle wollte die wohlwollende Unterstützung des Gemeinderats zur Petition der kurdischen Familie um ihr Bleiberecht.

Der Fall der kurdischen Familie Sihyürek hatte für viel Aufsehen gesorgt. Ihr, die seit 1995 in der Zeller Unterkunft für Asylbewerber wohnte, drohte zu Monatsbeginn die Abschiebung in die Türkei. Der Fall, so Wehrle, ist besonders deshalb tragisch, weil die Frau und Mutter eines einjährigen Babys lebensgefährlich an Krebs erkrankt ist und dringend auf eine moderne medizinische Versorgung angewiesen sei. Der Familienvater, Oruc Sihyürek, war in der Türkei gefoltert worden, weil sein älterer Bruder, der einer linksextremistischen Partei angehörte, vor dreizehn Jahren in die Schweiz geflüchtet war, wo er auch Asyl erhielt.

Seit dem Abschiebungserlass gewährt die evangelische Gemeinde Zell der Familie Asyl. Nun soll der Petitionsausschuss des Stuttgarter Landtags entscheiden, ob die Verfügung wirksam wird, oder ob die Familie bleiben kann.