Frankfurter Rundschau, 14.07.2000

Ein Asyl-Beirat für strittige Fälle

Schily: Anerkennungsverfahren straffen / Grundrecht bleibt

NÜRNBERG/BERLIN, 13. Juli (ap/dpa). Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) will das Asylverfahren straffen. Notwendig sei ein Verfahren, das mit weniger Verwaltungsaufwand und weniger Gerichtsverfahren zu zielgenaueren Entscheidungen führe, sagte Schily am Donnerstag in Nürnberg bei der Amtseinführung des neuen Präsidenten des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Albert Schmid. Verfahren von fünf Jahren Dauer seien keine Seltenheit, sagte Schily. Die "Ausnutzung" des Verfahrensrechts dürfe jedoch nicht belohnt werden. Die Verfahrensdauer und hohe Zahl der Prozesse bedürften "dringend der Überprüfung". 90 Prozent aller Entscheidungen des Bundesamtes würden von den Gerichten bestätigt. Zur Vermittlung in besonders strittigen Flüchtlingsfällen erwägt Schily die Einrichtung eines Asyl-Beirats. Das Gremium solle mit Vertretern des UN-Flüchtlingskommissariats und wichtigen gesellschaftlichen Gruppen besetzt und beim Bundesasylamt in Nürnberg angesiedelt sein. Heute nutzten viele Zuwanderer das Asylverfahren als Behelf, sagte Schily. Eine andere Zuwanderungspolitik würde das Asylverfahren entlasten. Dazu erwarte er Vorschläge von der Süssmuth-Kommission. Bei der Vereinfachung des ausländerrechtlichen Regelwerks könnte auch das Bundesamt weitere Zuständigkeiten erhalten. Dass die rot-grüne Koalition auch bei einer Neuregelung der Zuwanderung am individuellen Asylrecht festhalten will, hatten die Koalitionsspitzen bei einem Treffen am Mittwochabend in Berlin verabredet. Der entsprechende Artikel im Grundgesetz werde auf keinen Fall angetastet. Der neue Präsident des Bundesamts, Schmid, war Staatssekretär im Bonner Bauministerium und SPD-Fraktionschef im bayerischen Landtag gewesen. In der Debatte um die Änderung des Grundgesetzes war er 1992 entschieden für den Erhalt des Asylrechts eingetreten. Sein Vorgänger in Zirndorf, Hans-Georg Dusch, war im Dezember auf einen Posten im Innenministerium abberufen worden.