Die Welt, 12.7.2000

Einwanderungskommission wird 15 bis 20 Mitglieder haben

Die meisten Namen bleiben vorerst geheim

Berlin - Sie soll etwa 15 bis 20 Mitglieder haben, überparteilich sein und ein Jahr arbeiten. Am Ende schließlich soll ein Vorschlag zu einem Einwanderungsgesetz herauskommen, über den Regierung und Opposition dann verhandeln können. Viel mehr ist über die Kommission zum Einwanderungsgesetz, die Innenminister Otto Schily heute der Öffentlichkeit vorstellt, nicht bekannt. Dem SPD-Politiker ist damit gelungen, was viele seiner Kollegen in vergleichbaren Fällen nicht schaffen oder wollen: fast absolute Geheimhaltung. Selbst die Mitglieder, die Schily beruft, erfahren zum großen Teil erst heute, mit wem sie ein Jahr lang über das Thema Einwanderung diskutieren werden. Vorab sind lediglich drei Namen von Kommissionsmitgliedern bekannt geworden: Rita Süssmuth, als zukünftige Vorsitzende der Kommission aus den Reihen der Union. Ihre Nominierung ist umstritten gewesen. Hans-Jochen Vogel, als Elderstatesman der SPD ist dagegen unumstritten. Und die frühere Ausländerbeauftragte der CDU/CSU/FDP-Regierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen, die eine der informiertesten Expertinnen der komplizierten Materie ist.

Die Liberale hatte bereits vor einigen Jahren eine FDP-interne Einwanderungskommission geleitet und begrüßt daher jetzt die Schily-Kommission. "Wir müssen über das ganze Thema Zuwanderung möglichst breit debattieren. Das wird Aufgabe der Kommission sein", sagte Schmalz-Jacobsen zur WELT. Ihre Stoßrichtung dabei ist eindeutig: "Deutschland muss sich auswählen dürfen, wen es einwandern lassen will." Das bedeutet nicht, dass die FDP-Politikerin zukünftig für Asylbewerber oder Bürgerkriegsflüchtlinge die Tore nach Deutschland dichtmachen will. "Es wird dabei bleiben, dass wir eine humanitäre Abteilung haben."

Denkverbote will sie aber auch nicht akzeptieren. So wendet sie sich auch gegen SPD und Grüne, die gegen eine Einbeziehung des Themas Asylrecht sind. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen Bereich gibt, bei dem gesagt wird, darüber wird überhaupt nicht gesprochen. Das gilt auch für das Asylrecht." Es wäre "wichtig und interessant festzustellen, wo eigentlich die Unterschiede zwischen einer voll angewandten Genfer Flüchtlingskonvention und unserem doch sehr abgespeckten Asylrecht sind". Dass eine Einigung am Streit um das Asylrecht scheitern könnte, glaubt Schmalz-Jacobsen nicht. Aber klar sei, dass es "spezifische Empfindlichkeiten" sowohl bei der SPD als auch bei der Union gebe. Das liege in erster Linie an der starken kommunalen Verankerung der beiden großen Volksparteien. Unabdingbar sei zudem auch, dass die Aussiedler aus Osteuropa mit einbezogen würden.

Dass es noch in dieser Legislaturperiode zu einem Einwanderungsgesetz kommt, glaubt die FDP-Politikerin nicht. Das wichtigste sei zunächst, die Bevölkerung davon zu überzeugen. Das aber sei schwierig, denn "die beiden großen Parteien haben doch in den vergangenen Jahren die Einwanderungsdebatte regelrecht versaut". Über die Berufung von Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth zur Leiterin der Kommission äußerte sich Frau Schmalz-Jacobsen erstaunt: "Sie ist bisher nicht gerade als Expertin auf diesem Gebiet aufgetreten. Aber man kann sich ja Wissen aneignen."af