Frankfurter Rundschau, 10.7.2000

Verletzte bei Krawallen in Teheran

Studenten protestieren kurz vor Khatamis Reise nach Berlin

Mit Tränengas ist die Polizei in Teheran gegen Tausende demonstrierende Studenten vorgegangen. Dabei gab es mehrere Verletzte. Wegen des Besuchs des iranischen Präsidenten Mohammad Khatami am heutigen Montag wurde die Polizei in Berlin derweil in höchste Alarmbereitschaft versetzt.

TEHERAN/BERLIN, 9. Juli (rtr/dpa/ap). Reformkräfte um Irans Präsidenten Khatami haben sich am Sonntag von den Studentendemonstrationen distanziert. Die Reformbewegung verurteile jeden Ausbruch von Gewalt, berichtete die Zeitung Hajat e No. Tausende Studenten hatten am Vortag in Teheran zunächst friedlich für mehr Demokratie demonstriert. Militante Angehörige von Bürgerwehren, die zur islamistischen Regierung stehen, durchbrachen jedoch Polizeiabsperrungen und gingen mit abgebrochenen Flaschen auf die Demonstranten los. Auf beiden Seiten gab es etliche Verletzte. Die Polizei setzte Tränengas ein; mehrere Demonstraten wurden verhaftet. Zuvor hatte Khatami Reformgegner vor einer Unterdrückung politischer Kontrahenten gewarnt. Die Zeitung Bahar zitierte ihn mit den Worten: "Öffentliche Unzufriedenheit könnte zu einer Explosion führen."

Am heutigen Montag wird Khatami seinen Deutschland-Besuch beginnen. In Erwartung von Massenprotesten wurde die Polizei in Berlin und Weimar, wohin Khatami am Dienstag reist, in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Einreisewillige Iraner wurden an deutschen Grenzen aufgehalten. Der Nationale Widerstandsrat Iran sprach von 6000 Zurückweisungen.

Nach einem Bericht des Spiegel sollen auch Agenten des iranischen Vevak-Geheimdienstes als Krawallmacher in die Bundesrepublik "abkommandiert" werden. Die Provokateure sollten für Tumulte sorgen, die den als gemäßigt geltenden Khatami in Iran "desavouieren und diskreditieren" könnten. Irans Geheimdienst werde von Gegenspielern Khatamis, insbesondere vom religiösen Oberhaupt Irans, Ajatollah Ali Khamenei, kontrolliert.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz warf den 175 Bundestagsabgeordneten, die eine Resolution gegen Khatamis Besuch unterzeichnet hatten, indessen Unkenntnis vor. Eine Sprecherin sagte der Welt am Sonntag, die Resolution sei vom Nationalen Widerstandsrat Iran initiiert worden: "Selbst im Internet kann man sich über den totalitären Charakter dieser Gruppierung
informieren."