Frankfurter Rundschau, 8.7.2000

UN geißeln Asylpolitik Europas

Flüchtlingshilfswerk: EU schottet ihre Grenzen zunehmend ab

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR hat den EU-Staaten vorgeworfen, Flüchtlinge durch zu strenge Asylregelungen in die Arme von Menschenschmugglern zu treiben.

GENF, 7. Juli (epd/dpa/kna). In einer am Freitag in Genf veröffentlichten Studie übte das UNHCR heftige Kritik an der Asylpolitik der Europäischen Union. In Folge der andauernden Verschärfung der Asylpolitik und der Einreisebestimmungen in der EU hätten politisch Verfolgte und Flüchtlinge keine andere Möglichkeit mehr, als auf die Hilfe von Menschenschmugglern zurückzugreifen, rügte die Organisation. Damit werde das grundsätzliche Recht auf Asyl untergraben.

Die EU trage auf diese Weise wesentlich zur Ausweitung des Menschenhandels und des Menschenschmuggels bei. Wie viele Flüchtlinge illegal in die EU-Länder einreisen, ist dem UNHCR zufolge nicht genau feststellbar. Der Autor des Papiers, John Morrison, geht aber davon aus, dass inzwischen weit über die Hälfte aller Asylbewerber illegal einreisen. Begründet wird diese Vermutung unter anderem mit der Statistik der Deutschland betreffenden Asylanträge. Gemäß UNHCR wurden im vergangenen Jahr 86 118 der 95 113 Asylanträge in Deutschland selbst eingereicht. Die weitaus meisten Asylgesuche stellten Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien, Afghanistans, Iraks und Rumäniens. Da diese meist nicht auf legalem Weg nach Deutschland kommen können, seien die meisten Asylsuchenden offensichtlich illegal eingereist. Die EU-Grenzen würden immer systematischer abgeschottet, heißt es in dem Bericht. Die Vorschriften für die Beschaffung einer Einreiseerlaubnis für politisch Verfolgte würden zunehmend unerfüllbar. Dies lasse Zweifel aufkommen, ob die EU Flüchtlinge überhaupt noch aufnehmen wolle. Das UNHCR fordert ein entschiedenes Vorgehen gegen Menschenschmuggel.
Zugleich betont es, ein solches Vorgehen könne nur Erfolg haben, wenn Verfolgten gleichzeitig ein Weg für die Flucht in die europäischen Länder angeboten wird.

In einer Entschließung bezeichneten die Europaabgeordneten am Donnerstag die EU-Asylgesetze als wirkungslos und drängten auf eine EU-weite Asylregelung.