Westfälische Rundschau, 03.07.2000

Kirchenasyl: Es wird ernst für Familie Eren

(fpf) Seit einer Woche gewährt die Ev. Paul-Gerhardt-Gemeinde Königsborn der siebenköpfigen Kurdenfamilie Eren Kirchenasyl (wir berichteten). Jetzt machen Ausländeramt und Polizei Druck. Sie verständigten sich gestern über das weitere Vorgehen, fordern die Kirche jetzt ultimativ auf, die Familie zur freiwilligen Ausreise in die Heimat zu bewegen. Ansonsten droht, was es in Deutschland erst ein einziges Mal gab: Die Stürmung des Gemeindehauses, die Festnahme der Familie, Abschiebehaft.

Für Ordnungsamtsleiter Wolfgang Rickert liegt die Sache klar: Vater Medeni Eren hat drei, Mutter Besra zwei erfolglose Asylverfahren hinter sich. Der Petitionsausschuss des NRW-Landtages lehnte den Antrag der kurdischen Familie, die nach eigenen Angaben und auch nach Unterlagen, die ihrem Mühlheimer Anwalt Guido Brühl vorliegen, in der Heimat politisch verfolgt wird, endgültig ab. "Damit", so Rickert, "sind alle Rechtsmittel ausgeschöpft."

Fakt ist: Seit dem 2. November 1999 sollen die Erens abgeschoben werden, seit Dezember stehen sie auf der Fahndungsliste der Polizei. Die kennt seit einer Woche den Aufenthaltsort der Kurden. Eingreifen würden die Beamten aber nur, wenn das Ausländeramt Antrag auf Vollzugshilfe stellt. Dann allerdings hätten sie keinen Ermessensspielraum mehr. Dann müssten sie, wenn´s hart auf hart kommt, die Kirche stürmen.

"Das will das Ausländeramt nicht, wir wollen das nicht - und die Gemeinde kann das auch nicht wollen", sagt Polizeisprecher Martin Volkmer. Daher werde man es "noch einmal im Guten versuchen". Ein letztes Mal? Wolfgang Rickert mochte darauf gestern nicht antworten. Für heute ist ein weiteres Gespräch anberaumt, dann mit Kirchenver-tretern. Ziel: Deeskalation - und Ausreise der Familie.

Anwalt Guido Brühl kündigte an, umgehend den Asylfolgeantrag stellen. Obgleich seine Recherche in der Türkei noch nicht abgeschlossen ist. Darüber hinaus könne er ein neues medizinisches Bulletin vorlegen, das die "absolute Reiseunfähigkeit" von Besra Eren belege. "Und die Stadt Unna", hofft Brühl, "wird wohl kaum Vater und fünf Kinder von der Mutter trennen wollen . . ."