Frankfurter Rundschau, 29.06.2000

Schily verliert an Rückhalt in der SPD-Fraktion

Entschiedener Widerspruch gegen Verknüpfung der Einwanderungsfrage mit dem Asylrecht

BERLIN, 28. Juni (afp/dpa/ap). Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) stößt mit seiner Forderung nach Verknüpfung der Einwanderungsfrage mit dem Asylrecht auch in der SPD auf entschiedenen Widerstand. Der innenpolitische Fraktionssprecher Dieter Wiefelspütz sagte der Berliner Zeitung vom Mittwoch, er sehe keinen Zusammenhang zwischen Asyl und Einwanderung. Eine Veränderung des Grundrechts auf Asyl werde es mit der SPD-Fraktion "auf gar keinen Fall geben".

Nach Angaben ihres Geschäftsführers Wilhelm Schmidt gibt es in der Fraktion "viele Stimmen", die Wiefelspütz' Auffassung unterstützen.Wenn die Zahl der Asylbewerber verringert werden solle, müssten die Fluchtursachen bekämpft werden. Mit einer "nationalen Regelung" sei das nicht machbar.

Auch die Grünen hatten bereits gegen Schily protestiert. Er will die Zahl der Asylbewerber verringern, um die Zuwanderung von Menschen mit benötigten Qualifikationen zu erhöhen.

CSU-Generalsekretär Thomas Goppel forderte unterdessen ein Kontingent an Zuwanderern, über das die Länder "ein Stück weit nach ihren Bedürfnissen selbst entscheiden können". In der Neuen Osnabrücker Zeitung argumentierte er ähnlich wie Schily, falls es gelänge, die Zahl der Asylbewerber zu senken, entstünde neuer Spielraum für "bedarfsorientierte Zuwanderung", die auch unter regionalen Gesichtspunkten nötig sei.

Bundespräsident Johannes Rau will auch in Zukunft in die Debatte um die Einwanderung nach Deutschland eingreifen. Das sagte Rau in einem am Mittwoch in mehreren Pesseinterviews.Man dürfe nicht die "teuren Asylbewerber" beklagen, wenn man nicht wisse, dass "diese Menschen bei uns gar nicht arbeiten dürften". Er wandte sich dagegen, das Asylrecht und wirtschaftlich erwünschte Einwanderung gegeneinander aufzurechnen.

Die FDP hat mit einem eigenen Personalvorschlag in den Streit um die Einwanderungskommission der Bundesregierung eingegriffen.Ihr Vorsitzender Wolfgang Gerhardt forderte am Mittwoch in Berlin einen Sitz für die frühere Ausländerbeauftragte Cornelia Schmalz-Jacobsen.

Schily bestätigte, dass die CDU-Politikrin Rita Süssmuth Vorsitzende der Kommisin wird. Ihr Stellvertreter wird der frühere SPD-Chef Hans-Jochen Vogel. Die FDP werde von der vorgeschlagenen Schmalz-Jacobsen vertreten.