taz Nr. 6179 vom 29.6.2000

Hoher Stellenwert

In ihrem gestern veröffentlichten neuen Menschenrechtsbericht betont die Bundesregierung, wie wichtig Menschenrechte für ihre Politik sind

BERLIN taz Die deutsche Außen- und Wirtschaftspolitik orientiert sich immer stärker an Fragen der Menschenrechte. Das geht aus dem gestern vorgelegten 5. Menschenrechtsbericht der Bundesregierung hervor, der die Menschenrechtsarbeit der Regierung von 1997-99 darstellt.

Der gegenüber den Vorjahren stark erweiterte Bericht enthält neben umfangreichen Länderberichten aus aller Welt "Brennpunkte" zu Kosovo, Osttimor und Tschetschenien, wobei das Tschetschenien-Kapitel relativ kurz ausfällt, und behandelt gesondert die Problemfelder Kindersoldaten, Genitalverstümmelung, Todesstrafe und Flüchtlingspolitik. Im Kosovo-Kapitel werden detailliert die politischen Entwicklungen des Jahres 1999 nachgezeichnet, die zum Nato-Luftkrieg gegen Jugoslawien führten.

Zur Flüchtlingspolitik heißt es, dass künftig Menschenrechts- und andere Nichtregierungsorganisationen an der Erstellung der Lageberichte des Auswärtigen Amtes beteiligt werden. Dies ist eine Konsequenz aus der öffentlichen Kritik an den bisherigen Lageberichten, die etwa noch zu Beginn des Kosovo-Krieges keine ethnisch motivierte Verfolgung von Albanern im Kosovo ausmachen konnten. Forderungen, die Berichte allgemein zugänglich zu machen, werden zurückgewiesen: Nur als Verschlusssache könne ohne Rücksicht auf außenpolitische Opportunitäten berichtet werden.

Darüber hinaus berichtet die Bundesregierung von ihren Bemühungen, bereits abgeschobenen Ausländern zu helfen, wenn diese in ihrem Heimatland der Folter ausgesetzt sind. In so einem Fall interveniere das Auswärtige Amt diplomatisch und fordere gegebenenfalls die betreffende Regierung auf, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Hier führt der Bericht einige Fälle aus der Türkei auf.

Die Türkei wird auch im Länderteil des Berichtes der noch immer andauernden Praxis der Folter beschuldigt, wenngleich die Bundesregierung eine Reihe von Gesetzesänderungen im vergangenen Jahre positiv bewertet.

Des weiteren betont der Bericht den neuen Stellenwert der Menschenrechte etwa bei Fragen des Rüstungsexportes oder der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Konkrete Beispiele jedoch werden vermieden - zur Auseinandersetzung um die Lieferung eines Testpanzers an die Türkei verliert der Bericht keine Zeile.

Im Übrigen liest sich der Bericht wie ein Potpourri durch die Schlagworte deutscher Außenpolitik: Ausführlich wird der neu eingerichtete Zivile Friedensdienst vorgestellt, den deutschen Initiativen gegen den Missbrauch von Kindern als Soldaten wird breiter Raum gegeben. PKT

www.auswaertiges-amt.de/2_aktuel/index.htm