Frankfurter Rundschau, 28.06.2000

Iran

Erneut Dissident wegen Berliner Tagung arrestiert

TEHERAN / ISLAMSCHAHR, 27. Juni (afp). In Iran ist erneut ein Oppositioneller wegen der Teilnahme an einer Konferenz in Berlin festgenommen worden. Das Revolutionsgericht habe Essatollah Sahabi vorgeladen und in Untersuchungshaft genommen, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Irna unter Berufung auf die Justizbehörden. Sahabi ist ein prominenter Vertreter der Oppositionsbewegung und Herausgeber der Monatszeitschrift Iran-e-farda. Sahabi hatte im April an einer Konferenz der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin teilgenommen. Der Kongress zu Fragen über politische und religiöse Reformen in Iran war von den konservativen Machthabern in Teheran als "anti-islamisch" verurteilt worden, unter anderem, weil auf Fernsehbildern von der Tagung mit nackten Armen tanzende Frauen zu sehen waren. In der vergangenen Woche waren drei andere inhaftierte Teilnehmer der Konferenz gegen Kaution freigelassen worden.

Spezialeinheiten der iranischen Polizei lösten unterdessen am Dienstag eine Autobahnblockade rund 30 Kilometer südwestlich von Teheran gewaltsam auf. Die Einheiten gingen nach Beobachtungen eines afp-Korrespondenten mit Tränengas und Schlagstöcken gegen die rund 4000 Demonstranten vor. Die Proteste hatten begonnen, als mehrere hundert Frauen aus dem nahegelegenen Dorf Schatareh am Morgen die viel befahrene Strecke blockierten und gegen Wassermangel und fehlende Elektrizität protestierten. Die Kundgebung wuchs schnell auf mehrere tausend Teilnehmer an.