Frankfurter Rundschau, 27.06.2000

Kritiker fordern Hermes-Reform

Regierungen sollen Standards für Exportversicherung setzen

wal FRANKFURT A. M. Zu einer "fundamentalen Reform der Exportkreditagenturen" fordern 350 Organisationen aus 46 Ländern die Regierungen der OECD-Staaten auf. In ihrer anlässlich der Ministerratstagung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vorgelegten "Erklärung von Jakarta" pochen sie "auf die Einführung verbindlicher sozialer, ökologischer und menschenrechtlicher Kriterien". Mit einem Kredit- und Versicherungsvolumen von fast 400 Milliarden Dollar seien staatliche Exportgarantien heutzutage "das wichtigste Instrument der internationalen Projektfinanzierung". Die mit ihnen geförderten Vorhaben hätten häufig "gravierende Auswirkungen auf die Umwelt- und Lebensqualität der Bevölkerung in den Empfängerländern". Während Weltbank und Institutionen der bilateralen Entwicklungshilfe sich verpflichtet hätten, umwelt- und sozialpolitische Kriterien sowie die Menschenrechte zu beachten, verfügten die Exportkreditversicherungen kaum über solche Standards.

Die von ihnen gewährten "staatlichen Ausfuhrgewährleistungen" - hierzulande bekannt als "Hermes-Bürgschaften" - sichern Exporte. Unternehmen schließen sie ab, um sich zu schützen: Vor Zahlungsunfähigkeit ihres ausländischen Kunden, vor Devisenknappheit des Empfängerlandes aber auch vor politischen Einflüssen wie Kriege oder Revolutionen. Im Schadenfall springt die hiesige Regierung ein, und begleicht die Rechnung. In Deutschland beschließt ein interministerieller Ausschuss Hermes-Garantien - ohne parlamentarische Kontrolle.

Umwelt- und entwicklungspolitische Organisationen beklagen schon lange, dass die hinter verschlossenen Türen ausgehandelten Exportkredite auch für "Rüstungsgeschäfte, umweltschädliche Technologien und ökonomisch unproduktive Investitionen" vergeben würden. Sie wollen staatliche Versicherungen für solche Felder künftig ausschließen. Die Forderung ist alt - aber wortreichen Erklärungen der OECD-Minister im vergangenen Jahr und der Gruppe der sieben reichsten Staaten (G 7) zu diesem Thema seien bislang keine Taten gefolgt.

Die deutschen Organisationen Urgewald und Weed monieren vor allem, dass "die Bundesregierung bis heute nicht in der Lage ist, einen einzigen konkreten umweltrelevanten Standard zu nennen, den sie in die OECD-Verhandlungen einbringt". Stattdessen bereite sie Bürgschaften für äußerst umstrittene Projekte vor.